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Politische Bildung in der Volkshochschule und der Villa Rosenthal Jena – JenaKultur-<strong>blog</strong>
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Politische Bildung in der Volkshochschule und der Villa Rosenthal Jena

Foto einer Demonstration hinter rosafarbenem Raster

Die Volkshochschule (vhs) Jena wurde bereits 1919 in der Zeit des bildungspolitischen Aufbruchs und eines wahren „Volksbildungsfiebers“ nach dem Ersten Weltkrieg gegründet. Den ersten Entwurf der Satzung der vhs verfasste kein Geringerer als der Jenaer Professor für Rechtswissenschaften Eduard Rosenthal. Umso klarer wird auch der formulierte Wille, dass die vhs Jena und die Villa Rosenthal Jena enger zusammenarbeiten wollen, um einerseits dem Gedenken an Eduard Rosenthal und andererseits dem Bildungsauftrag der vhs gerecht zu werden.

Was also in der Villa Rosenthal und der Volkshochschule Jena quasi schon „genuin“, historisch und in Bezug auf deren jeweilige Bildungs- und Arbeitsaufträge angelegt ist, soll künftig noch sichtbarer werden und zusammenwachsen: Politische Bildung und damit ganz unterschiedliche Veranstaltungsformate mit dem Ziel der Information und Förderung von Demokratieteilhabe für verschiedene Zielgruppen. Im Folgenden werden Angebote und sich ergänzende Angebotslinien der jeweiligen Einrichtungen vorgestellt.

Volkshochschule Jena. Demokratischer Ort der Bildung, Begegnung und des Austauschs

Ausbau eines immer wichtiger werdenden Arbeitsbereiches seit 2021

Der vhs Jena ist es seit September 2021 gelungen, Fördermittel des Landes aus der Richtlinie Politische Bildung zu akquirieren, die es erlaubten und noch bis Ende 2024 erlauben, eine Mitarbeiterin für den Bereich der Politischen Bildung einzustellen. Seitdem wurde das Angebot strukturell & konzeptionell auf neue Beine gestellt. Es hat sich vervielfacht und spricht ganz unterschiedliche Alters- und Zielgruppen an.

Auch die wachsende Zusammenarbeit mit diversen Kooperationspartner:innen bereichert das Angebot enorm und macht die zielgruppenspezifischen veranstaltungen zunehmend attraktiver. Nicht zuletzt durch viele kompetente Partner:innen kann immer wieder auch sehr schnell und flexibel auf gesellschaftliche Herausforderungen reagiert werden. Das ist nur einer der vielen Ansprüche an eine gelungene Bildungsarbeit.

Eine wichtige lokale Herausforderung ist es auch, dem Stadtratsbeschluss aus dem Jahr 2012 gerecht zu werden, in dem es um die Erarbeitung und Umsetzung eines städtischen NS-Gedenkkonzeptes („Gedenken, Erinnern, Aufarbeiten“) geht. Einige Aspekte dessen wurden bereits bearbeitet, ein Großteil aber noch nicht. Ohne an dieser Stelle detailliert darauf eingehen zu wollen, sei aber erwähnt, dass sich die vhs Jena dieses Themas explizit angenommen hat, noch einige Gespräche mit wichtigen Akteuren der Stadt dazu führen wird, um im Herbst 2024 mit der Überarbeitung des inhaltlichen Konzeptes und den Rahmenbedingungen einer möglichen Umsetzung in die städtischen Gremien zu gehen.

Demokratie leben und Gesellschaft gestalten

Demokratie ist mehr als Wählen. In einer diversen Gesellschaft bildet sie die gemeinsame Basis unserer Freiheit und Gleichheit. Die Volkshochschule Jena versteht sich dabei als Ort der gelebten Demokratie, an dem konkurrierende Argumente Gehör finden, kritische Urteilskraft ausgebildet und neue Perspektiven des Zusammenlebens eröffnet werden. Der Bereich der Politischen Bildung hat in den letzten Jahren insbesondere in der Erwachsenenbildung an Bedeutung gewonnen.

So bietet die vhs Jena, neben den thematisch vielfältigen Vorträgen und Kursen im offenen Bereich, seit 2021 auch verstärkt Veranstaltungsformate in öffentlichen Veranstaltungsstätten der Stadt an. Zudem ist es ein Anliegen der Volkshochschule Jena, verstärkt mit anderen lokalen und überregionalen Akteuren der politischen Bildungsarbeit zu kooperieren. Inhaltlich widmen sich die Formate im besonderen Maße aktuellen gesellschaftspolitischen Fragestellungen sowie Themen, die die Jenaer Stadtgesellschaft bewegen.

Beispiel Diskussionsreihe „Stadt im Gespräch“

Im letzten und in diesem Jahr organisierte die vhs Jena in Kooperation mit zwei engagierten Bürgerinnen die Reihe „Stadt im Gespräch“. Ziel der extern moderierten Veranstaltungsreihe war es, Zivilgesellschaft, Stadtverwaltung und Kommunalpolitik in den Dialog zu bringen, zu informieren und die Dinge zu thematisieren, die die Stadt – die Stadtverwaltung im Spiegel sehr vieler Interessenlagen, Politik und die Bürger:innen – aktuell beschäftigen. Die Themenpalette reichte von „Verkehrswende“ über „Stadtentwicklung der Zukunft“ bis hin zu „Städtischer Hitze“. Die Formate, bei denen auch externe Expertise einbezogen wurde, waren sehr gefragt und boten einen Überblick allgemeiner Art, aber auch und gerade bezogen auf Jenaer Entwicklungen und Diskussionen. Die Volkshochschule Jena wird hier gern anknüpfen und plant für das Herbstsemester 2024 Bildungsformate zu den Schwerpunkten Bürgerbeteiligung sowie zu verschiedenen Nachhaltigkeitsthemen.

Gesprächsrunde bei der Veranstaltung Stadt im Gespräch der vhs Jena
„Stadt im Gespräch“ | ©vhs Jena
Gesprächsrunde bei der Veranstaltung Stadt im Gespräch der vhs Jena
„Stadt im Gespräch“ | ©vhs Jena

Politische Bildung für jedermann:frau

Politische Bildung ist besonders dort gefordert, wo Demokratie schwer zu verstehen ist. Aufgabe der Politischen Bildung ist es, politische Prozesse verständlich zu machen und dabei möglichst viele mit einzubeziehen.

So organisierte die vhs Jena bspw. im letzten Jahr gemeinsam mit dem WeltRaum e. V. das Projekt „Brücken bauen für die Demokratie: Gesellschaftliche Vielfalt in der Kommunalpolitik stärken“. Hier hatten Migranten:innen unterschiedlichster Altersgruppen die Gelegenheit, sich mit dem Thema lokaler Kommunalpolitik etwas näher zu befassen und persönliche Beteiligungsmöglichkeiten auszuloten.

Im Mai dieses Jahres konnte in Kooperation mit dem Jenaer Gehörlosenverein e. V. ein Vortrag angeboten werden. Veranstaltungssprache war die Deutsche Gebärdensprache. Das Format war offen für alle Interessierten, ob gehörlos oder nicht, da eine Gebärdensprach-Dolmetscherin für Hörende ohne Gebärdensprachkompetenz übersetzte. Die vhs Jena kooperiert auch künftig sehr gern mit städtischen Initiativen verschiedener Interessengemeinschaften, um das Programm noch bunter und vielfältiger zu gestalten.

Vortragender in einem Raum der vhs Jena mit einer Präsentation zum Ablauf der Stimmabgabe im Wahllokal in verschiedenen Sprachen
„Brücken bauen für die Demokratie“ | ©vhs Jena
Vortrag in Gebärdensprache bei einer Veranstaltung der vhs Jena
Vortrag mit dem Jenaer Gehörlosenverein e. V. | ©vhs Jena

Politische Jugendbildung

Da die aktuellen Geschehnisse und gesellschaftlichen Entwicklungslinien im Dauerkrisenmodus auch im verstärkten Maße die Lebens- und Erfahrungswelten junger Menschen prägen, ist es der vhs Jena ein großes Anliegen, Bildungsformate für diese Zielgruppe zu organisieren. Seit 2021 bietet die Volkshochschule deshalb fortlaufend drittmittelfinanzierte Projekttage für Schulen und freie Träger der Jugendbildung an, die diese kostenfrei buchen können. Die Themenpalette reicht von Fragestellungen individueller und gesellschaftlicher Verantwortung sowie Identitätsfindung, über Zeitzeugen-Workshops bis hin zu politischer Medienbildung.

Sicht auf einen kleinen Tisch, an dem vier Mensche ndicht gedrängt mit ihren Laptops und Schreibmaterialien sitzen und arbeiten
Politische Jugendbildung | ©vhs Jena
Orangene und gelbe Moderationskarten auf denen Begriffe stehen wie "Fake News", "Deep Fake", "Manipulation", "KI", "Social Media", "Trump" und andere
Politische Jugendbildung | ©vhs Jena

Das Portfolio der vhs Jena in Bezug auf Politische Bildung wird immer vielfältiger und breiter. So ist es eindrücklich, wie sich die Zahlen in dem Bereich entwickelt haben. Im Jahr 2023 organisierte die Projektkoordinatorin Politische Bildung 48 veranstaltungen. Das waren Schulprojekte, Workshops, Kurse, Vorträge und Exkursionen.

Villa Rosenthal Jena. Kultureller Ort mit historischem Erbe

Die bisherige und auch künftige Nutzung der Villa Rosenthal Jena ist daraufhin angelegt, dem Lebenswerk Eduard Rosenthals – dem aufgeklärten Demokraten, Staatsrechtler, 2-fachem Rektor der Jenaer Universität und Urheber der Verfassung des Landes Thüringen – gerecht zu werden und zugleich dieses Erbe für die Bürger:innen der Stadt weiterzuentwickeln.

Das Ehepaar Rosenthal übertrug das Haus testamentarisch der Stadt Jena vor 100 Jahren, im Jahr 1924. Nach weltpolitisch turbulenten Zeiten und einer aufwendigen Sanierung des denkmalgeschützten Anwesens durch die jenawohnen GmbH (Stadtwerke Jena Gruppe), ist die Villa Rosenthal das kleinste Haus, für das JenaKultur seit der Wiedereröffnung vor 15 Jahren, im Jahr 2009, das Veranstaltungs-management übernommen hat. Heute bietet der Ort sowohl Räume für verschiedene Begegnungen im Rahmen privater und geschäftlicher Anlässe, als auch öffentliche kulturelle veranstaltungen, Ausstellungen und ein Stipendienprogramm an. Das vielfältige Nutzungsprogramm erinnert demnach wieder an das politische, gesellschaftliche und kulturelle Engagement der Familie, welche das Leben um 1900 nicht nur in Jena, sondern weit über Thüringen hinaus, nachhaltig geprägt und mitgestaltet hat.

Neuausrichtung: Stipendium für Politische Bildung

Im Sinne der testamentarischen Verfügung hat JenaKultur seit der Wiedereröffnung des Hauses im Jahr 2009 insgesamt 34 Clara-und-Eduard-Rosenthal-Stipendien in den Bereichen Literatur & Stadtschreibung sowie Bildende Kunst vergeben.
Aufgrund der kontinuierlichen Weiterentwicklung – verbunden mit dem Wunsch nach einer grundsätzlich stärkeren Anbindung des Stipendienprogramms an städtische Themen und Akteure – strebt JenaKultur für das Clara-und-Eduard-Rosenthal-Stipendium im Bereich Bildende Kunst eine Neuausrichtung an und hat daher dem Stadtrat im Jahr 2023 eine Weiterentwicklung zu einem Stipendium für Politische Bildung vorgeschlagen. Ausgehend von Impulsen aus dem Arbeitskreis „Runder Tisch für Demokratie“ und der Ernst-Abbe-Hochschule Jena wird derzeit gemeinsam ein neues Konzept für die öffentliche Ausschreibung 2024/25 sowie Vergabe 2025/26 entwickelt.

Mit diesem erstmals ausgeschriebenen Stipendium für Politische Bildung sollen verschiedene Perspektiven auf die Jugendsozialarbeit in Jena schriftlich herausgearbeitet werden, u. a. um für nachfolgende Stipendien eine solide Grundlage zu schaffen. Der Untersuchungszeitraum umfasst das Ende der 1980er Jahre bis Mitte / Ende der 1990er Jahre, wobei sowohl die Besonderheiten der gesellschaftspolitischen Umbrüche bzw. der Transformationszeit als auch die Radikalisierung des späteren NSU berücksichtigt werden sollen. Der/die Stipendiat:in wird sein/ihr Schaffen im Stipendienzeitraum öffentlich in Jena vorstellen.

Gedenktafeln für Klara und Eduard Rosenthal an der Villa Rosenthal in Jena
Gedenktafeln für Clara und Eduard Rosenthal an der Villa Rosenthal Jena. ©JenaKultur

Pädagogisches Angebot für Schüler:innen – Graphic Novel Ausstellung

Die Graphic Novel Ausstellung „Drei Steine“, die noch bis zum 9. Oktober 2024 im Wechselausstellungsbereich des Obergeschosses der Villa Rosenthal zu sehen ist, erzählt die autobiografische Geschichte von Nils Oskamp.
Die meisten Geschichten über Rechtsradikalismus werden aus Tätersicht behandelt. „Drei Steine“ ist eine der wenigen Geschichten aus Opfersicht und in Deutschland die bislang einzige autobiografische Graphic Novel gegen rechts. Diese war bereits an 17 Orten in ganz Deutschland zu sehen und ist nun das erste Mal in Thüringen zu Gast. Gezeigt werden Originalzichnungen, Gemälde, Studien, Texttafeln, ein Diorama sowie eine Medienstation mit Video-, Audio- und Fotobeiträgen sowie Interviews.

Das Angebot für einen kostenfreien Besuch richtet sich insbesondere auch an Lehrkräfte sowie Pädagog:innen, die das Angebot für ihre politische Bildungsarbeit mit Jugendlichen und Schulklassen nutzen möchten. Pädagogisches Begleitmaterial ab Klasse 8 bis Oberstufe und Berufsschule steht online zur Verfügung. Besichtigungstermine sind auch außerhalb der regulären Öffnungszeiten nach vorheriger Vereinbarung möglich. Begleitet wird die Ausstellung von einem kostenfreien zweitägigen Comicworkshop für Jugendliche ab 12 Jahren.

Ziel dieses Workshops ist es, den Teilnehmer:innen einen künstlerischen, humorvollen Umgang als Replik auf Rassismus und menschenverachtende Ideologie zu vermitteln und ihre kreativen Fähigkeiten zu stärken.

Nils Oskamp bei der Eröffnung der Graphic Novel-Ausstellung "Drei Steine"
Nils Oskamp bei der Eröffnung der Graphic Novel-Ausstellung „Drei Steine“ | ©Maria Zarada

Demokratie im Wahljahr 2024

Das Jahr 2024 steht im Zeichen richtungsweisender Wahlen, nicht nur in Thüringen. Auch in Sachsen und Brandenburg werden im Herbst neue Landesparlamente gewählt. Im Frühjahr wurden die Menschen in Europa zur Wahl des Europäischen Parlaments aufgerufen. Im November entscheiden schließlich die Präsidentschafts- und Kongresswahlen nicht nur über die Politik in den USA, sondern auch über die Zukunft in den Krisen- und Konfliktherden der ganzen Welt.

Die Volkshochschule Jena bereitet in verschiedenen Veranstaltungsformaten wie Podiumsdiskussionen, Lesungen, Vorträgen und Crashkursen die Wählerin:innen auf die zahlreichen Wahlen des Jahres 2024 vor und bietet Orientierung.
Von April bis Juni 2024 haben in der sechsteiligen Veranstaltungsreihe der Forschungsstelle Weimarer Republik der Friedrich-Schiller-Universität Jena und der Landeszentrale für politische Bildung Thüringen, in Kooperation mit der Volkshochschule Jena und der Villa Rosenthal namhafte Referent:innen verschiedene Themenschwerpunkte zur „Demokratie im Wahljahr 2024“ aufgegriffen. Alle veranstaltungen wurden live übertragen und stehen online zur Verfügung:

„Von der Demagogie zum Populismus. Der Kampf um die Republik in den 1920er und den 2020er Jahren“ | ©JenaTV
Teil 2 von 6 der Veranstaltungsreihe „Angegriffen und Abwehrbereit? Die Demokratie im Wahljahr 2024“ der Forschungsstelle Weimarer Republik an der Uni Jena und der Landeszentrale für politische Bildung Thüringen, in Kooperation mit der Volkshochschule Jena, ThILLM und JenaTV.

An diese erfolgreiche Zusammenarbeit wird angeknüpft, um weitere gemeinsame Angebote zu schaffen und die ergänzenden Angebotslinien kontinuierlich zu entwickeln.

Wir danken Villa Rosenthal und vhs Jena für ihre fruchtbare Zusammenarbeit unter dem Dach von JenaKultur, für ihre Bemühungen um die politische Bildung, zahlreiche impulsgebende veranstaltungen und diesen sehr informativen blogbeitrag!

Haben Sie eine der genannten veranstaltungen besucht, liebe Leser:innen? Was hat sie überrascht, inspiriert, aktiviert? Über welches politische Thema würden Sie sich einen tieferen Einblick wünschen?

Schreiben Sie uns in den Kommentaren – wir geben Ihr Feedback selbstverständlich weiter!

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