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40 (+1) Jahre „Jazz im Paradies“ – Ein Jazz-Wagemut-Projekt – JenaKultur-<strong>blog</strong>
Allgemein Kultur in Jena

40 (+1) Jahre „Jazz im Paradies“ – Ein Jazz-Wagemut-Projekt

Gründungsmitglieder von Jazz im Paradies

Im heutigen Gastbeitrag nimmt Sie Martin Breternitz mit auf eine Reise bis zu den Anfängen des heutigen „Jazz im Paradies e.V.“ Er beschreibt die ersten Jazz-Konzerte in Jena, die Gründung des Jazzklubs und die Schwierigkeiten, mit denen die Mitglieder des Klubs als Teil einer jugendlichen „Nischen-Kultur“ in der DDR umgehen mussten.
Zum 40. Jubiläum wünschen wir alles Gute und freuen uns auf weitere Veranstaltungen, die aus Jena mittlerweile nicht mehr wegzudenken sind!

0 – Jazz „wagen“?

Dieser Text ruft zu etwas Wagemut auf. Dazu berichtet er vom eigensinnigen Handeln junger Studierender, die hier in Jena Anfang der 1980er Jahre einen Jazzklub gründeten und ihn bis heute aufrechterhalten. Auch wagt er ein Plädoyer für Jazzkultur in Zeiten von, mit und nach Corona.

40 Jahre wird der Jazzklub in Jena nun 2021. Genau genommen werden es tatsächlich 41 Jahre – mindestens, denn die Geschichte(n) um und mit Jazz in der Universitätsstadt gehen bis an den Anfang der 1950er Jahre zurück. Im Rückblick auf die Wirren und Unsicherheiten des vergangenen Jahres wird die „+1-Rechnung“ allerdings nachvollziehbarer (2020 – „das Jahr der aufgeschobenen Pläne“ singt etwa die Berliner Sängerin Dota Kehr).

Das Einkalkulieren von Lockdowns, Lockerungen und Inzidenzlagen gehört mittlerweile für alle so zum „neuen Normal“, wie Masken, Abstand und Onlinekonferenzen und rechtfertigt eine Jubiläumsverschiebung allemal. Für den kommenden Herbst kann und sollte auf Besserungen für Kulturschaffende gehofft werden.

Jazz im Paradies, seit vier Jahrzehnten Anlaufstelle für Jazzkultur in Jena, prägte die kulturelle und soziale Praxis dieser Musik in Jena in den letzten vier Jahrzenten entscheidend mit. Ein Blick zurück.

 I – FDJ und Free Jazz – Der Studentenklub Jazz im Paradies

Im Dezember 1980 fanden sich etwa ein Dutzend Studierende und Forschende der Friedrich-Schiller-Universität zusammen, um in Jena einen Jazzklub zu gründen. Sie nannten sich Jazz im Paradies (kurz: JiP), der Name verweist auf ihren ersten Veranstaltungsort, das Jugendklubhaus des VEB Jenapharm am Rande des Stadteilparks Paradies. Im Laufe weniger Wochen und Monate organisierten sie bereits Schallplattenabende, Jazz-Vorträge und stets gut besuchte Live-Konzerte mit aus der DDR, der BRD und dem internationalen Raum stammenden Jazzmusikerinnen und -musikern.

JiPs Veranstaltungen boten offene Kommunikationsräume, in denen sich junge Menschen über Alltägliches und, klar, auch Intellektuelles und Musikbezogenes austauschten. Zwangsläufig tauchte der Jazzklub so gelegentlich auf dem Radar der Kreisdienststelle des Ministeriums für Staatssicherheit auf und machte auch bei städtischen Kulturverantwortlichen von sich reden. Schon die Gründung von Jazz im Paradies stieß auf ein gewisses Misstrauen der Obrigkeit, geschah der Zusammenschluss doch zunächst in Eigeninitiative. Die Ortsgruppe des Jenaer Kulturbundes – massenorganisierender Dachverband und Anlaufstelle für zahlreiche kulturelle Vereinigungen in der DDR – lehnte das Klubvorhaben ab. Auch die FDJ-Hochschulgruppenleitung der Universität war eher argwöhnisch. Kulturbund und FDJ als sogenannte „gesellschaftliche Träger“ waren allerdings obligatorische Voraussetzung gemeinschaftlicher kultureller Betätigungen, ohne die ein „Klub“, egal welchem Interesse er gewidmet war, nach DDR-Recht illegal war. Die studentische Jazz-Initiative rettete, dass die örtliche FDJ wiederum ihrerseits beständig vorzeigbare jugendpolitische Initiativen brauchte. Mit etwas Mut und etwas Dreistigkeit nannte man sich kurzerhand „Studentenklub“ und reihte sich ein in andere, bereits etablierte kulturelle studentische Initiativen an der FSU, wie etwa der bei jungen Jenaerinnen und Jenaern überaus beliebten Reihe Musik im Hörsaal (1971 gegründet, feiert der ehemalige Studentenklub gegenwärtig übrigens sein 50stes Jubiläum).

Der Jazzklub, 1981 offiziell erlaubt, erhielt nun eine, wenn auch nicht gerade üppige Finanzierung durch die Universitäts-FDJ. Im Gegenzug mussten sie jährliche Finanz- und Programmpläne, „Kampfprogramme“ und obligatorische Mitarbeit in den regelmäßigen monatlichen Sitzungen der FDJ-Gremien ableisten. In einem offiziellen Gründungskommuniqué verdeutlichten die Jenaer Jazzfans ihre intendierten Ziele – zumindest diejenigen, die sie nach außen kommunizierten:

„Anliegen des Jazzklubs ist es, Freunden des Jazz Gelegenheit zu geben, sich in einer echten Jazz-Atmosphäre über die vielseitigen Strömungen des modernen Jazz zu informieren. Mit dem Jazzklub soll in Jena, einer Hochburg des Dixieland, eine Veranstaltungsreihe aufgebaut werden, die dem Jazz neue Freunde hinzugewinnt und junge Leute mit den sozialen Aspekten der Jazzmusik vertraut macht.“[1]

Die eigentlichen Motivationen für den Zusammenschluss unter dem gemeinsamen Nenner ‚Jazz’ lagen für die jungen Jenaer eher anderswo. Vielmehr ging es ihnen darum, sich individuellen Freiraum im spätsozialistischen Staat zu verschaffen.

II – Musiksozialisation und Anfänge

Die Gründungsmitglieder des Jenaer Jazzklubs, in den 1980er Jahren etwa Mitte, Ende Zwanzig, studierten mehrheitlich naturwissenschaftliche Fächer an der Jenaer Universität. In ihrer Jugend „sozialisierten“ sie sich unabhängig voneinander musikalisch mit Jimi Hendrix, Progressive Rock, Blues, bläsergewaltigen Jazz-Rock-Bands wie Blood, Sweat & Tears, Chicago, der Klaus Lenz Modern Soul Big Band und zunehmend auch den in den 1970er Jahren avantgardistische Wege beschreitenden DDR-Formationen wie FEZ, SOK, Evidence und Synopsis (dem späteren Zentralquartett). Gemeinsam war den Jenaer Jazzfans ein unbestimmter Drang, gegen Ende ihres Studiums etwas Eigenes auf die Beine zu stellen, das abseits vom sozialistischen Arbeitsalltag und entgegen dem allmählichen Hereinrutschen in gesellschaftliche Mühlen, die für die meisten 40 Jahre Arbeit beim VEB Carl Zeiss oder einem anderen Großbetrieb bedeuteten, vonstattengehen sollte. Die verbindende Grundfrage: Das kann’s doch nicht gewesen sein?

In den 1970ern reisten die Jazzfans zu Jazzfestivals und Konzerten in der gesamten DDR und dem sozialistischen Ausland. Fest im Jahreskalender eingeplante Höhepunkte, später dann meist gemeinsam im Rahmen von Jazz im Paradies unternommen, waren etwa Besuche der legendären Jazzwerkstätten in Peitz im damaligen Bezirk Cottbus. Peitz, schon weit vor Gründung von JiP als „Mekka“ der DDR-Jazz-Szene angesehen, bot zahlreichen Jazzfans im Osten dieser Generation Schlüsselerlebnisse einer spezifischen Lebenswelt und half der Etablierung eines Wir-Gefühls von Jazzanhängerinnen und Jazzanhängern. Die Festivalreihe in der brandenburgischen Provinz, die teilweise bis zu 3.000 Besucherinnen und Besucher anzog (man sprach vom „Woodstock am Karpfenteich“) fand von 1973 bis 1982 statt und wurde weitgehend ohne Einbindung und Eingriff von staatlichen Institutionen durchgeführt – und schließlich doch verboten.

Die Jazzfestivals in Prag und Debrecen und insbesondere die internationale Warschauer Jazz Jamboree waren für die Jenaer eine Art eskapistisches Abenteuer. Hier gab es exzellente internationale Programme und auf lokalen Schwarzmärkten begehrte Platten, die in der DDR nicht erhältlich waren und für die einige bereitwillig ganze Monatsgehälter ausgaben. Für ihre Reisen nutzten die Jenaer Jazzfans gegebene Strukturen eigensinnig. Die private Einreise in die VR Polen wurde ab etwa 1980 für Bürgerinnen und Bürger der DDR durch die dortigen politischen Entwicklungen um die Solidarność-Bewegung erheblich erschwert. JiP ließ sich kurzerhand offiziöse Einladungen eines polnischen Studentenklubs ausstellen, und konnte so doch zu den Jazz Jamborees reisen. Die Festivalerlebnisse vermittelten ihnen das Gefühl, dem reglementierten Alltag in der DDR kurzzeitig zu entkommen und waren zudem wertvolle Inspirationsquellen und letztlich entscheidender Impulsgeber für die jungen Studierenden, selbst Jazzveranstaltungen vor Ort in Jena zu organisieren.

Spezifisch Free Jazz wollten sie hören, erleben und bei sich vor Ort veranstalten. So organisierte Jazz im Paradies von Beginn an eine große Bandbreite an Veranstaltungen. Im zweiwöchigen Turnus gab es Schallplattenabende über Jazzmusiker und musikhistorische Vorträge zu Themen wie „New Orleans und seine Musik“ (im Dezember 1984 von Manfred Blume, Leiter des Jazzklubs Eisenach), „Blues“ (im Mai 1981, Dr. Mlynski) oder zur „Geschichte des Jazz“. Den Schallplattenvortragsabenden – die Prämiere fand am 27. Januar 1981 im Jugendklubhaus des VEB Jenapharm zu Miles Davis‘ Schaffen der 1970er Jahre von Heiner Kaiser statt – gingen durch die Referenten intensiv vorbereitete und mühsam recherchierte Texte und Analysen voraus. Anschließende Gespräche zogen sich meist bis tief in die Nacht.

Nicht nur Musik und Musiker, auch sozialkritische Themen, etwa Aspekte der amerikanischen Bürgerrechtsbewegung der 1960er und 1970er, bei der Jazz immer eine wichtige Rolle spielte, wurden präsentiert und diskutiert. Exemplarisch hier der Verweis auf eine zweiteilige Vortragsreihe eines Jazzklubmitglieds (Gerold Hildebrand) über das Art Ensemble of Chicago Anfang der 1980er Jahre (Art Ensemble of Chicago [1970]: „Certain Blacks“).

An Tonquellen und Informationen kamen die Jazzfans allenfalls über verschlungene Umwege und weitverzweigte informelle Netzwerke, indem etwa Verwandte aus dem Westen Platten schickten oder gar schmuggelten, bei Freunden und Bekannten Tonbänder aufwändig kopiert, oder Originalplatten für horrende Summen auf dem Schwarzmarkt erstanden wurden.

Ankündigungsplakat zu Plattenvorträgen über Miles Davis, Anfang 1981 im Jugendklubhaus des VEB Jenapharm. | Grafik: Norbert Gladis

Die Hand zum Jenaer Mainstream-Publikum streckte JiP alsbald mit Formaten wie etwa einer „Jazzdisko“ aus, die erste veranstalteten sie am 16. November 1981. Statt Livemusik gab es hier Jazz und Artverwandtes von Schallplatte und Tonband zu hören – meist ungewöhnliche, schrille und nur mit viel Willen zur Imagination (be)tanzbare Interpreten und Bands wie Captain Beefheart und Frank Zappa. Der Jazzklub veranstaltete Jam Sessions, Workshops und Jazzfilmabende. Nicht selten verkaufte man für Konzerte, besonders jene mit internationaler Beteiligung, um die 300 Eintrittskarten.

Modern und experimentell hinsichtlich Musik und Konventionen von Publikumseinbindung war auch das erste Konzert JiPs im Januar 1981 mit dem Johannes Bauer Trio, welches unter den Augen des obligatorisch in offiziellen Veranstaltungsräumen gut sichtbar an der Wand angebrachten Honecker-Portraits völlig frei improvisierte.[2]

Die Musiker bewegten sich während des Spielens permanent um die im Halbkreis platzierten Zuschauer, die Trennung von Ausführenden und Zuschauenden aufhebend. Begeistertes Resümee eines Klubmitglieds: „Echte Jazzatmosphäre kennzeichnete den Abend.“[3]

Die gemeinsame Beschäftigung mit Jazz im Rahmen des Jenaer Jazzklubs sollte einem damals für Beteiligte gegenwärtigen, aber nicht immer exakt zu bestimmendem Gefühl von Freiheitseinschränkung in der DDR der 1980er entgegengestellt werden. Gerade deshalb standen Free Jazz und Avantgarde hoch im Kurs bei den JiP-Mitgliedern. Musikalische Helden waren u.a. Uli Gumpert, Günter „Baby“ Sommer, Konrad „Conny“ Bauer, Ernst-Ludwig „Luten“ Petrowsky – allesamt Vertreter stilistischer Entwicklungen, die in den 1970er Jahren beständig Aufwind, internationale Anerkennung und erheblichen Publikumszuspruch erfuhren.[4]

Die meisten Konzerte organisierten die Jenaer dabei nicht durch Vorgaben und Verträge der staatlichen Konzert- und Gastspieldirektionen (KGD), die im Grunde qua Gesetz alleiniges Veranstaltungsrecht hatten, sondern mit Hilfe von Kontakten zu wichtigen Szeneorganisatoren wie Ulrich „Ulli“ Blobel und Peter „Jimi“ Metag, den Veranstaltern der Jazzwerkstatt im brandenburgischen Peitz – ein quasi inoffizielles, semi-legales Musikmanagement- und semi-privates Veranstaltungswesen innerhalb der eigentlich strikt regulierten Veranstaltungsstrukturen in der DDR.

Durch Blobel und Metag erreichte JiP Anfang 1981 das Angebot, erstmals als Veranstalter eine international besetzte Band nach Jena zu holen. Das Konzert des Free-Jazz-Trios Chicago-Wuppertal-Dresden, bestehend aus Günter „Baby“ Sommer, Peter Kowald und Leo Smith fand am 18. Februar 1981 im Innenraum des gut gefüllten Jenaer Planetariums statt. Damit war der Jazzklub als Konzertveranstalter in Jena etabliert.

Über die Jahre spielte so im Wesentlichen das Who-is-Who der Jazzgrößen der damaligen Gegenwart in Jena: Konrad Bauer, Mama Basuto, Ulrich Gumpert, Andrea Centazzo, Evidence, Bajazzo, das Petrowsky-Trio, MEDIA NOX, Uwe Kropinski, Alan Tomlinson, Joe Sachse, Uschi Brüning, Volker Schlott, Aki Takase, Bayon und viele mehr. Weil JiP über keinen festen eigenen Klubraum verfügte, wurden Veranstaltungsorte im Stadtgebiet genutzt und Netzwerke ständig erweitert. Veranstaltungsräume waren das Jenapharm-Jugendklubhaus, Kulturhaus der Glasarbeiter, Planetarium, diverse Physik- und Chemiehörsäle, das Stadttheater, die Studentenklubs Schmiede, Unikum und Rosenkeller, die Mensa am Philosophenweg, das Kino Capitol, der Probenraum der Jenaer Philharmonie, das Paradiescafé, das Foyer der Ernst-Abbe-Bücherei, das Kulturzentrum Lobeda-West, das Volkshaus Jena und die Aula des Universitätshauptgebäudes.

III – Jazzklubs als „Nische“

Jazzklubs in Gestalt von Arbeits– und Interessengemeinschaften gab es in zahlreichen Städten der DDR.[5] Mal der FDJ, mal dem Kulturbund, selten auch lokalen Kulturhäusern zugehörig, waren im Thüringer Raum Jazzklubs in Eisenach, Erfurt, Weimar, Nordhausen, Ilmenau, Sonneberg und Altenburg, zeitweise auch in Gotha, Gera, Mühlhausen, Bad Salzungen, Saalfeld, Pößneck, Sömmerda und Suhl aktiv. Die Jazzklubs waren selbstgewählte Vergemeinschaftungen junger, an Jazzkultur interessierter Menschen, und wirkten sich konkret auf das lokale kulturelle Leben ihres Umfelds aus.

Alleine in Jena organisierte der Jazzklub jährlich mehr als ein Dutzend Veranstaltungen, andere Jazzklubs veröffentlichten umfangreiche Informationsblätter und holten beständig Künstlerinnen und Künstler auch aus dem „nichtsozialistischen Wirtschaftsgebiet“ (NSW = Westen) in ihre Wirkungsorte und erzeugten so beständige Rückkopplungseffekte mit ihrem kulturellen Umfeld. Sie trugen maßgeblich zur Jazzkultur in der DDR bei, indem sie ständige Auftrittsmöglichkeiten vor fast immer zahlreichen Zuhörerinnen und Zuhörern boten – und somit sowohl ökonomische als auch kreativ-performative Plattformen für Jazzkultur darstellten. Bis Ende 1989 zählte man in Jena über 160 JiP-Jazzveranstaltungen.

Vieles in diesen Szenen war, was man heute DIY (Do-it-yourself) nennt. Konzertplakate, Veranstaltungsformate, Auswahl und Booking der Künstlerinnen und Künstler, Konzertvor- und Nachbereitung – eine im Grunde durchweg „selbstorganisierte Kulturform“, wie Susanne Binas etwa im Hinblick auf die selbstbestimmten Praktiken der sogenannten „anderen Bands“ in der späten DDR feststellte.[6]

In ihrem Jazzklub suchten die Jenaer Studierenden nach individuellen Freiräumen und schufen sich „Nischen“ innerhalb ihres Lebensumfeldes. Die „Nische“, zurückgehend auf Günther Gaus‘ Beobachtungen damaliger Lebensverhältnisse in der DDR, dient hier in gleichen Teilen als Selbst- und Fremdbeschreibung.

Thomas „Tommy“ Eckardt, Gründungsmitglied und langjähriger Geschäftsführer von JiP bilanzierte über die empfundene Verortung des Klubs im Stadt- und Kulturleben Jenas der 1980er:

“Klar wurden wir auch angefeindet. Wir sollten uns auch auflösen, wir waren ja Sammelbecken, theoretisch. Wir waren ja im Wesentlichen, wie alles: Nische. Der ganze Free Jazz in der DDR funktionierte ja auch nur so: als Nische.“[7]

Innerhalb ihrer selbst geschaffene Nische, zu der rund ein Dutzend junger Menschen in Jena gehörten, grenzten sie sich im Rahmen geteilter Privatheit von einer bis in den Alltag hinein politisierten Öffentlichkeit einer „durchherrschten“ Gesellschaft (Kocka 1994) ab. Die Nische bot Identität, Individualität und erzeugte Gemeinschaftsgefühl. Etliche dieser musikaffinen Nischen existierten in der späten DDR, blickt man beispielsweise alleine in Richtung der Fans von Blues, Tramps und den sogenannten „Kunden“[8], oder auch Heavy Metal-[9], New Wave- und Punk-Fans, die in mal mehr, mal weniger gesellschaftlich akzeptierten Randbereichen der DDR-Jugendkultur existierten.

Gründungsmitglieder von Jazz im Paradies, ca. 1983 (v.l.n.r.): K.-H. Günther, Heiner Kaiser, B. Sobeck, nicht bekannt, B. Götz, Thomas Eckardt, Dorle Urban, I. Kaiser, L. Sobeck, D. Eichler (verdeckt), Ch. Seeling, Th. Zeth | Foto: D. Urban

Die lokalen und stets überregional bestens vernetzten Jazz-Szenen konstituierten sich anhand geteilter Werte, ähnlicher ästhetischer Auffassungen und Lebensentwürfe, sie orientierten sich jedoch vor allem an gemeinsamen Musikerlebnissen und dem gemeinsamen Interesse an Jazz. Wie andere musikaffine Szenen und Kulturen in der DDR hatten die Jazzklubs eher eine Ausrichtung nach innen und dienten dem Ausbau eigener Individualität und individueller Freiräume. Selten wurde hier eine grundsätzliche Änderung der Gesellschaft zum offen ausgetragenen Ziel des eigenen kulturellen Handelns erhoben.

IV – Jazz im DDR-Staatssozialismus

Jazz galt in der DDR für Jahrzehnte als „negativ-dekadente“ Musik des „Klassenfeindes“ USA. Prozesse der Umdeutung von Jazz, etwa als „authentische nordamerikanische Volksmusik der unterdrückten schwarzen Arbeiterklasse“, die es seit den 1950er und 1960er Jahren gab, gingen insgesamt nur kleinschrittig und langsam voran. Die Musikkultur indes entwickelte sich in der DDR und auch international beständig weiter. Jazzkünstlerinnen und -künstler, besonders im Avantgarde– und Free-Bereich emanzipierten sich ab den 1960ern von amerikanischen Vorbildern und fanden auch in der BRD und der internationalen Szene hohe Anerkennung. In den 1970ern wandelte sich staatlicher Argwohn in zunehmende Institutionalisierung und Professionalisierung, die neben Förderungen zwar auch weitreichende Regulationen mit sich brachte, aber schlussendlich zur Anerkennung von Jazz in der DDR führte.

Dies schützte allerdings weder Musikerinnen und Musiker noch Fans vor Beobachtung, lokalen Auftrittsverboten, schablonenhaft geführten ideologischen Grundsatzdiskussionen in den zuständigen Ministerien und mitunter strengen Kontrollen durch zentrale und lokale Kulturinstitutionen. Bei Anhängerinnen und Anhängern von Jazz, besonders von Free Jazz und Avantgarde vermutete der Staat diffuse Protesthaltungen und Gegenpositionen – womit er letztlich recht hatte. Mit dieser Position generierte die SED jedoch Widersprüche und Widerstände meist selbst, wie der Historiker und jetzige Landesbeauftragte zur Aufarbeitung der SED-Diktatur Dr. Peter Wurschi feststellte: „Erst durch Ausgrenzung und Kriminalisierung dieser Jugendlichen durch die staatlichen Institutionen (FDJ, Schule, Betrieb, Polizei, etc.) und die Erwachsenenwelt wurden viele der nonkonformen Jugendlichen politisiert.“[10]

Was staatssozialistische Rahmensetzungen mit Alltags- und Lebenserfahrungen von Jenaer Jazzfans in den 1980ern zu tun hatten, wird sichtbar, nutzt man den Begriff des „Eigensinns“.[11] Eigensinn sucht nicht unbedingt nach Geschichte(n) stilisierten Heldentums oder offenen Kampfes, Ideologietreue oder aktivem Widerstand und beschränkt sich nicht auf dichotome Täter- und Opferschemata. Vielmehr rückt er den Lebensalltag von (nicht nur) jungen Menschen in der DDR in den Fokus, die nicht immer exakt auf Linie waren. Wie viele nahmen auch die Jenaer Jazzfans jeweilige sozialistische Gegebenheiten und deuteten diese eigensinnig für sich um.

Gemeinsam war vielen Jazzfans zu dieser Zeit ein ähnliches, da grundlegendes Thema: Das Verhältnis zwischen „Individualität und Kollektivität“[12] und die Suche nach Lebensentwürfen, die sich staatlichen Eingriffen in persönliche Lebensbereiche entzogen. Es ging selten um direktes Aufbegehren im Sinne von offenem Protest, sondern rief vielmehr eine Art des selbstbestimmten Daneben-Seins hervor. Der Jazzjournalist und Autor Dr. Ulrich Steinmetzger illustrierte diese Haltung anhand einer eindrücklichen Selbstverortung:

„Dieses Daneben-Sein, das ist ein großer Unterschied. Wenn du gegen etwas bist, dann musst du das Dagegen-Sein artikulieren in der Sprache derjenigen, gegen die du bist. Du tust das eben mit umgekehrten Vorzeichen, oder mit einer Protesthaltung. Wenn du aber daneben bist, versuchst du das einfach zu ignorieren und etwas Anderes zu finden.“[13]

V – Repression und Überwachung

Dass Jena in den 1980er Jahren in gewisser Weise unter besonderer behördlicher Beobachtung stand ist ein offenes Geheimnis, galt Jena doch vielen Kreisen als „heimliche Hauptstadt“ von Opposition und Friedensbewegung in der DDR.[14] Für Staatssicherheit (MfS) und SED-Parteileitung trugen alle diesem Dunstkreis Zugeordneten den Makel der Subversivität, Konterrevolution und eines etwaig gefährlichen, aber unbestimmten Nonkonformismus. Die Jazzkreise überschnitten sich dabei durchaus mit oppositionellen Gruppen im Jenaer Raum.

In dieser angespannten Atmosphäre der 1980er Jahre gingen Veranstaltungen von JiP nicht immer ohne Repressalien von statten. So hatte der Klub am 4. Juni 1986 eine bereits im Vorfeld ausverkaufte Veranstaltung organisiert, bei der der Free-Jazz-Posaunist Conny Bauer gemeinsam mit der US-amerikanischen Tänzerin Cheryl Banks im Jenaer Stadttheater auftreten sollte. Aus Angst und einer befürchteten Massenansammlung „negativer Elemente“ verbot das MfS das Konzert im Vorfeld per Telegramm. Nach Absprache mit Bauer entschlossen sich Jazzklub und Künstler dazu, das Konzert trotzdem stattfinden zu lassen. Hierzu gehörte Mut aller Beteiligten. Für den Jazzklub gab es im Nachgang Konflikte mit den Behörden. Bei einer heftigen Anhörung wurde Eckardt nach Motiven für sein Verhalten vernommen. Er redete sich heraus und der Klub durfte seine Aktivitäten fortsetzen.

Wie schnell dabei staatliches Fördern in Fordern und Verbote umschlagen konnte, zeigt etwa auch die wenig bekannte Geschichte der Jenaer Jazztage. Ab Anfang der 1980er kuratierte JiP hier einen Programmtag (meist Avantgarde – natürlich). Die Jazztage ihrerseits wurden jedoch bereits seit 1974 in der Universitätsstadt veranstaltet. Die Organisationsleitung des Festivals hatte zunächst die FDJ-Kreisleitung Jena-Stadt, der FDJ-Jugendklub des VEB Carl Zeiss und die FDJ-Hochschulgruppenleitung (HSGL) der Universität.[15] Den ersten Festival-Abend gestalteten Old-Time- und Traditional-Bands (Old Time Memory Jazz Band und Jenaer Dixieland Stompers), die zwei folgenden Abende moderne Formationen, auch Jam Sessions wurden angeboten. Dass etwa 2500 Jenaer Zuhörerinnen und Zuhörer teilnahmen, sahen die Organisationsverantwortlichen als guten Grund für eine Fortführung des Formates.

Ab 1975 organisierte ein ehrenamtliches Organisationskomitee aus engagierten Einzelpersonen und FDJ-Leitungen mit dem Rat der Stadt die organisatorischen Belange der Jazztage. Ankündigungen wurden sogar überregional in der Tageszeitung Neues Deutschland und beim Jugendsender DT 64 platziert. Die Ausbürgerung des kritischen Liedermachers Wolf Biermann im November 1976 brachte für das ehrenamtliche Komitee erhebliche Probleme mit sich. Außer einem verweigerten alle Beteiligten die geforderte Unterschrift zur Befürwortung von Biermanns Ausbürgerung, was im Januar 1977 zum Verbot des Komitees „wegen halbillegaler Gruppenbildung“ führte.[16] Den Musikern Uli Gumpert, Günter „Baby“ Sommer und der Formation Media Nox wurde kurzfristig für die 1976er Festival-Ausgabe Auftrittsverbot erteilt, das Festival-Programm musste „kurz vor knapp“ komplett umgeworfen und alle Programme und Plakate neu gedruckt werden. Dörte Eppelin, die mit einem am Festival beteiligten Zeitzeugen sprach, eruierte für die 1976er Ausgabe der Jazztage: „Für die Sessions wurden statt den üblichen 170 nur 130 Karten verkauft, die anderen waren für Mitarbeiter der Stasi bestimmt.“[17] In der Folge des direkten Eingreifens durch Parteileitung und Funktionäre musste sich das Organisationskomitee völlig neu gründen und war nun direkt an die Abteilung Kultur angeschlossen.

Das musikalische Panorama der in Jena in den 1980er Jahren gebotenen Populär-, Mainstream- und Avantgardemusik war erdenklich breit aufgestellt: Jazz im Paradies bot intensive konzertante, offene, workshopartige und experimentierfreudige Auseinandersetzungen mit avantgardistischen Strömungen von Musik und Kunst, die Dixieland-und Traditional-Szene florierte in parallelen Ebenen und staatliche Angebote, wie die Jenaer Jazztage ergänzten sich mit eher an Unterhaltung, Mainstream, Blues und Folk orientierten, stets nur unter großem individuellem Einsatz der beteiligten Akteure ermöglichten Angeboten von Musik im Hörsaal. Als legendär gelten noch heute auch die Darbietungen des Jenaer Pantomime-Künstlers Harald Seime, bei denen Jazz und pantomimisches Theater verschmolz.

War Jena also ein „Paradies“ für Jazzfans? Diese Darstellung differenzieren Zwischentöne. Das Gefühl von Überwachung und unterstellter Subversivität – ob bewusst selbst zugeschrieben oder staatlicherseits als Feindbildschablone an die jungen Menschen angelegt, war jedenfalls nicht unbegründet. Ein Auszug einer frühen Einschätzung des Jazzklubs aus Akten der Staatssicherheit von Jazzklubmitglied Thomas Eckardt verdeutlicht, dass Überwachung von Anfang an dazugehörte:

„Der Klub entstand durch Eigeninitiative von ‚Jazzanhängern’. Aus finanziellen Gründen wurde die Hochschulgruppenleitung der Freien Deutschen Jugend (HSGL/FDJ) an der Friedrich-Schiller-Universität (FSU) Jena als gesellschaftlich übergeordnete Leitung gewählt. Etwa 50 Prozent der Mitglieder/Leitungsmitglieder sind keine Angehörigen der FSU. Ein gesellschaftlicher Einfluss ist nicht gegeben. Es werden Konzerte (bis 300 Personen) im Kulturhaus ‚Glasarbeiter’ und Vorträge zu Lyrik/Prosa/Jazz/Film abgehalten. Besucher sind zum Großteil dekadente Jugendliche und politisch negativ eingestellte Personenkreise. Es bestehen Querverbindungen durch die Leitungsmitglieder zu oppositionellen Kräften in Bereichen des künstlerischen Laienschaffens […]. Die Klubleitung ist bestrebt, ihre Arbeit nach außen hin zu konspirieren. […] Bei Auflaufen weiterer Schwierigkeiten mit der HSGL/FDJ ist man bestrebt, einen anderen gesellschaftlichen Träger zu suchen.“[18]

Letztlich blieb der Jenaer Jazzklub weitestgehend unbehelligt von Maßnahmen der Staatssicherheit, obwohl eines der Mitglieder als regelmäßiger Informant für die Stasi tätig war, wie sich nach der Wende herausstellte. Er lieferte allerdings kaum nennenswerte Berichte zu JiP und widmete sich vermutlich anderen Beobachtungsaufgaben innerhalb der Jenaer Universität – so jedenfalls vermuten es die JiP-Mitglieder im Nachhinein.

An anderen Orten der Jazzaktivitäten im Mitteldeutschen Raum gingen Eingriffe der Staatssicherheit wesentlich destruktiver von statten, als Beispiele seien hier der Jahrzehnte andauernde „Operative Vorgang ‚Blues‘“ in Eisenach und die teils in Haftstrafen gipfelnden Eingriffe in den Jazzklub in Karl-Marx-Stadt (heute Chemnitz) zumindest erwähnt.

VI – Jazz in Jena nach 1989/90

Der gesellschaftliche Umbruch 1989/90 veränderte, was Jazz in der DDR für das breite Publikum attraktiv machte und auch die Struktur von Jazz im Paradies. Die neue Zeit stellte den ehemaligen FDJ-Studentenklub vor grundlegende Fragen: Wie können überhaupt noch Konzerte veranstaltet werden? Auf welches Finanzierungsmodell sollte der Klub, nun als Verein nach bundesdeutschem Recht, in Zukunft zurückgreifen? Das junge Jenaer Konzertpublikum ging, zumindest teil- und zeitweise, anderen kulturellen Interessen und Bedürfnissen als Jazzkonzertbesuchen nach. Zügig, aber mit erheblichem bürokratischem Aufwand organisierte man die Neugründung als Jazz im Paradies e. V.  und organisierte parallel bereits weiter Veranstaltungen, allein 1990 waren es etwa ein Dutzend. Viele Mitglieder und Sympathisanten des damaligen Jazzkreises sind heute noch aktiv. Sie beteiligen sich entweder am Vereinsleben, oder spielen, wie im Falle von Thomas Eckardt als Projektmanager des größten Jazzfestivals im Freistaat, der Jazzmeile Thüringen, seit vielen Jahren eine Schlüsselrolle bei der Organisation von Jazz-Veranstaltungen und -Konzertreihen und wirken sich so formativ auf die kulturelle Szene Jenas aus.

VII – Jazz „wagen“.

Zurück in der Gegenwart folgt ein Zukunftsausblick. Natürlich verschließt sich der Begriff des „Wagens“ in diesem Text gegenüber Auffassungen, die fern jeder wissenschaftlichen Erkenntnis liegen oder gar gegen die letztlich alle schützenden Maßnahmen aufrufen. („Alle leiden. Punkt.“ schrieb etwa der Spiegel in einer Kolumne Anfang März).

Der Kontrast zu in diesem Beitrag umrissenen historischen Bedingungen für kulturelles Handeln zum gegenwärtigen gesellschaftlichen Leben in Deutschland unter demokratischen Bedingungen allerdings könnte kaum stärker sein, findet letzteres doch in Rahmensetzungen statt, die etwa den damaligen Jazzklubangehörigen – wie letztlich allen Bürgerinnen und Bürgern der DDR – nur im bedingten Maße zugeschrieben wurden.

Jazz fand dabei im Grunde schon immer im Kontext von Moderne statt (Johnson 2017).[19] Wie und wo Jazzkultur zu Progressivität und Veränderung etablierter Strukturen, etwa zu mehr gesellschaftlicher Gerechtigkeit und der Gleichwertigkeit von Kulturen gegenwärtig und zukünftig beitragen kann, wird sich zeigen.

Jazz wieder auf die Bühne zu bringen, ist dabei ein wichtiger Schritt. Hierbei können gerade die historisch gewachsenen, lokalen Jazzklubs entscheidend beitragen. Die Alltags- und Erfahrungswelt der Jenaer Jazzklubakteure eher neben statt gegen sozialistische Gesellschaftsrahmungen in der DDR der 1980er Jahre lassen sich historisch zwar umreißen, wie in diesem Text in Ansätzen unternommen. Besser lassen sich individuelle Lebensgeschichten aber vor Ort erfahren, im Austausch mit den Jenaer Jazzfans, den Musikerinnen und Musikern, und – hoffentlich, im Rahmen der Hygieneregelungen – den Besucherinnen und Besuchern. Es ist der Austausch und das gemeinsame Musik-Erleben, das im Sinne der auch heute noch aktiven Jazzorganisatoren von Jazz im Paradies e.V. ist. Das gemeinsame Erleben von Jazzkultur live und vor Ort ermöglicht Kommunikationsräume, persönliche Begegnungen im Austausch und, natürlich: Musik.

Ein Grund mehr, der vom Programm NEUSTART KULTUR der Initiative Musik geförderten Veranstaltungsreihe zum 40-jährigen Jubiläum des Jenaer Jazzklubs Jazz im Paradies im November 2021 selbst beizuwohnen.

Programm „40 Jahre Jazz im Paradies – ein Wagemut-Projekt“

Mittwoch, 22.09.2021 – TRAFO (Prologveranstaltung)
„Der Weg nach Oobliadooh“ von Fritz Rudolf Fries, Helmut Böttiger – Lesung und Gespräch
GÜNTER „BABY“ SOMMER trifft den Pianisten SIMON LUCACIU; Moderation: Nancy Hünger

Eine Vision ohne Handeln ist ein Tagtraum. Handeln ohne Vision ist ein Albtraum!

Donnerstag, 04.11.2021 startet das Auftaktkonzert mit zwei hochkarätig besetzten Trios:
BAUER/BAUER/NARVESEN & SCHULTZE/RAINEY/EHWALD im Café Wagner.

Freitag, 05.11.2021 finden am gleichen Ort Vorträge, Zeitzeugengespräche und Podiumsbegegnungen statt. Bekannte Jazzpublizisten haben sich angesagt, u.a. Rainer Bratfisch, Ralf Dombrowski, Wolfgang König und Ulrich Steinmetzger.

Konzertabend mit Geburtstagsüberraschungsband

Samstag, 06.11.2021Café Wagner bietet Konzerte und Gespräche zu Zukunftsthemen im Jazz.

Abends Konzert mit The Jakob Manz Projekt

Sonntag, 07.11. – Panorama Gaststätte Schlegelsberg
Abschlusskonzert mit Angelika Weiz, Charlie Eitner & Friends.

Der Kartenvorverkauf findet an den bekannten Vorverkaufsstellen sowie der Jena Tourist-Information statt.


Martin Breternitz, dem wir sehr herzlich für diesen Gastbeitrag danken, studierte Musikwissenschaft an der Universität Leipzig und Hochschule für Musik FRANZ LISZT Weimar. Seit 2017 forscht er an der FSU Jena und HfM Weimar zu Jazz in der DDR aus alltagsgeschichtlichen, biographischen und praxeologischen Perspektiven mit Schwerpunkt auf Jazzklubs, musikalischen Aneignungsformen und Eigensinn von Jazzmusikerinnen und -musikern im Thüringer Raum 1959-1989.


Ganz sicher kennen Sie den Jazz im Paradies e.V., die Jazzmeile Thüringen und den „guten Geist“ dahinter, Thomas (Tommy) Eckardt. Wollen Sie auch gratulieren oder Erinnerungen mitteilen? Wir freuen uns über Ihr Feedback!


[1] Dieter Urban (1981): Gründungskommuniqué „Jazz im Paradies“. Archiv Jazz im Paradies e.V.

[2] Die bizarre Szenerie hält ein Foto fest, dass in Thomas Eckardts Beitrag in Rainer Bratfischs „Freie Töne“ abgedruckt ist – Thomas Eckardt (2005): „Jena: ‚Illusionen platzen immer – Träume werden wahr‘ (Yoko Ono)“, In: Rainer Bratfisch (Hg.): Freie Töne. Die Jazzszene in der DDR. Berlin: Ch. Links, S. 257.

[3] Dieter Urban (1981): „Neu in Jenas Kulturlandschaft: ‚Jazz im Paradies‘. Bekanntmachen mit Anliegen und Ausdrucksmöglichkeiten des Jazz in Wort und Ton“. Wandzeitungstext. Archiv Jazz im Paradies e.V.

[4] Ausführlich hierzu: Martin Pfleiderer (2018): „Jazz in Germany“, In: Francesco Martinelli (Hg.): The History of European Jazz. The Music, Musicians and Audience in Context. Sheffield: Equinox, S. 96-119 & Wolfram Knauer (2019): ‚Play yourself, man!‘ Die Geschichte des Jazz in Deutschland. Ditzingen: Reclam.

[5] Man kann von etwa 60 Jazzklubs in der DDR der 1980er Jahre ausgehen – siehe Rainer Bratfisch (2005: 231-234).

[6] Susanne Binas (1996): „Die ‚anderen Bands‘ und ihre Kassettenproduktionen – Zwischen organisiertem Kulturbetrieb und selbstorganisierten Kulturformen“, In: Peter Wicke und Lothar Müller (Hgg.): Rockmusik und Politik. Analysen, Interviews und Dokumente. Berlin: Ch. Links, S.48-62.

[7] Martin Breternitz (2017): Jazz in Jena. Eine musikaffine Szene zwischen Subkultur, Nonkonformismus und gesellschaftlicher Nische in den 1980er Jahren. In: Geschichtswerkstatt Jena e.V., Thüringer Landesbeauftragter zur Aufarbeitung der SED-Diktatur (Hgg.): „Gerbergasse 18“, Ausgabe 02/2017, Heft 83, Jena, S.38.

[8] Michael Rauhut / Reinhard Lorenz (2008), (Hgg.): Ich hab den Blues schon etwas länger: Spuren einer Musik in Deutschland. Berlin: Ch. Links.

[9] Ausführlich hierzu: Wolf-Georg Zaddach (2018): Heavy Metal in der DDR. Szene, Akteure, Praktiken. Bielefeld: Transcript & Florian Lipp (2021): Punk und New Wave im letzten Jahrzehnt der DDR. Münster: Waxmann.

[10] Peter Wurschi (2007): Rennsteigbeat: Jugendliche Subkulturen im Thüringer Raum 1952-1989. Köln/Weimar/Wien: Böhlau, S. 11.

[11] Im Wesentlichen zurückgehend auf Alf Lüdtke (1993): Eigen-Sinn. Fabrikalltag, Arbeitererfahrungen und Politik vom Kaiserreich in den Faschismus. Hamburg: Ergebnisse-Verlag.
Thomas Lindenberger, der u.a. das Konzept weiterentwickelte, schrieb einen zugänglichen Artikel auf https://docupedia.de/zg/Lindenberger_eigensinn_v1_de_2014 – Thomas Lindenberger (2014): „Eigen-Sinn, Herrschaft und kein Widerstand“, In: Docupedia-Zeitgeschichte.

[12] Hermann Wentker (2009): „Forschungsperspektiven und -desiderate der DDR-Geschichte“, In: Daniel Hechler (et al.): Promovieren zur deutsch-deutschen Zeitgeschichte. Berlin: Metropol, S. 27.

[13] Martin Breternitz (2017: 41).

[14] Vgl. Udo Scheer (1999): Vision und Wirklichkeit. Die Opposition in Jena in den siebziger und achtziger Jahren. Berlin: Ch. Links & Ehrhart Neubert /Thomas Auerbach: Es kann anders werden: Opposition und Widerstand in Thüringen 1945–1989. Köln/Weimar/Wien: Böhlau.

[15] Dörte Eppelin (2006): „Die Jenaer Jazztage 1974-1985“, In: Gudrun Braune (Hg.): Thüringer Hefte für Volkskunde, Band 12: Jubiläum und Erinnerung. Zur Kultur des Gedenkens in der Gegenwart. Erfurt, S.65 – 77.

[16] Ibid., S. 71. Siehe auch: https://web.archive.org/web/20140222154540/http://www.horch-und-guck.info/hug/fileadmin/templates/pdf/HuG-18-S.30-39.pdf, S. 32-33.

[17] Eppelin (2006: 71).

[18] MfS, Zentrale Materialablage HA XX/AKG; BStU, Außenstelle Gera, 000076. In: Eckardt (2005: 255-256).

[19] Bruce Johnson (2017) (Hg.): Jazz and Totalitarianism. New York/London: Routledge. S. 1.

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