Der Jenenser Speerwerfer Thomas Röhler ist in der ganzen Welt unterwegs: Olympiasieger 2016 in Rio de Janeiro, Europameister 2018 in Berlin, Wettkämpfe und Training in England, den USA, Südafrika, Finnland. Überall warten Herausforderungen, überall ist es schön, aufregend und interessant. Aber leben möchte der Leistungssportler nur in seiner Heimatstadt. Warum? Hier stellt er uns seine Lieblingsorte in Jena vor.
Durchs paradies in den Tag starten
Wer hat schon das paradies direkt vor der Tür? In Jena ist das selbstverständlich! Wenn Thomas Röhler zwischen Wettkämpfen und Trainingscamps in Jena weilt, gibt es für ihn nichts Schöneres, als den Tag mit einem lockeren Lauf durch den paradies-Park zu starten. Die Luft ist klar, die Gedanken leicht, der Körper schwerelos … sogar Regen macht Spaß! Vorbei geht es am Café Strand 22, das noch in beschaulicher Ruhe liegt. Tau schimmert auf den Wiesen der Rasenmühleninsel. Der JenTower blinkt im Morgenlicht, bis zur Innenstadt sind es nur ein paar Minuten zu Fuß. In wenigen Stunden wird sich der Park beleben, Spaziergänger drehen ihre Runden, Studenten lagern auf den Wiesen. Wer in der Innenstadt arbeitet, nutzt das paradies für eine Mittagspause im Grünen. Thomas Röhler läuft über die Saale hinweg, hinein in die Oberaue, den Parkteil auf der anderen Flussseite. Ein paar kurze Sprints treiben den Kreislauf in die Höhe. In 30 min ist die 5-Kilometer-Runde geschafft. Durch das „Golden Gate“ geht es zurück in die Stadt. Die markante Fernwärmeleitung, die das paradies flankiert, erhebt sich hier zu einem Durchgang. Der goldlackierte Bogen gewann vor zehn Jahren den Thüringer Landschaftsarchitektenpreis, als es darum ging, die oberirdischen Rohre zu verschönern. Und nun? Zeit für ein gesundes Sportlerfrühstück aus Joghurt, Obst, Nüssen, Omelett und einem großen Milchkaffee!
Kaffee – am besten frisch geröstet!
Sportler trinken gern Kaffee, sagt Thomas Röhler. Er muss es wissen! Ein Abstecher zur Kaffeerösterei Markt 11 ist für den Leistungssportler immer drin, wenn er in Jena weilt. Auf dem Marktplatz sitzen, einen köstlichen Kaffee auf dem Tisch und gelegentlich einen der wunderbaren hausgemachten Kuchen dazu – ja, auch Sportler essen Kuchen! – das ist Entspannung. Ein Heimatgefühl, das der Speerwerfer vermisst, wenn er in der Welt unterwegs ist. Manchmal tut es auch ein Kaffee zum Mitnehmen. Seine Kollegen von außerhalb hat er mit seiner Begeisterung angesteckt. Vor allem die amerikanischen Sportler fahren gern vom Trainingszentrum mal schnell zum Markt, um in der Kaffeerösterei eine der zahlreichen Varianten des schwarzen Edelgetränks zu probieren. Endlich mal kein Standardkaffee, wie ihn die großen Ketten bieten! Aber auch Erholung will trainiert sein – das gilt gerade für Sportler, die beständig auf Hochtouren und Leistung programmiert sind. Einfach mal das Handy abschalten, den Augenblick genießen, den Adrenalinpegel runterfahren und ein wenig Abwechslung in den Tag einbauen, das nimmt sich Thomas Röhler regelmäßig vor. Viel Zeit bleibt nicht, dann geht es weiter mit Training, Vorträgen oder Kofferpacken für den nächsten Wettkampf.
Jena – ein paradies für Studenten
Studierende haben es gut in Jena. Die Wege sind kurz. Vom zentralen Campus am Ernst-Abbe-Platz zum alten Uni-Gebäude sind es nur zehn Minuten Fußweg. Gleich gegenüber am Inselplatz wird in den nächsten Jahren ein neuer Campus entstehen. Und wer zwischen den Vorlesungen seinen Kopf auslüften möchte, ist im Handumdrehen im paradies-Park. Ein Luxus, den die Studierenden schätzen! Für Thomas Röhler, der seinen Bachelor-Abschluss in der Sport- und der Wirtschaftsfakultät absolvierte, beginnt der typische Uni-Tag oft schon um 6:00 morgens. Vorlesung und Training wechseln sich ab bis in den Abend. Sport und Studium – beides ist wichtig für den Olympiasieger, der nun einen Masterstudiengang in Business Administration belegt. So sichert Thomas Röhler seine Zukunft nach der aktiven Sportkarriere ab. Die Universität hat in Jena eine lange Tradition. Unter Kurfürst Johann Friedrich wurde sie 1558 geründet. Das Hanfried-Denkmal auf dem Markt erinnert an den bildungsfreundlichen Landesfürsten. Friedrich Schillers Antrittsvorlesung 1789 an der Alma Jenensis ist legendär! Der Dichter konnte sich vor dem Andrang der Studenten kaum retten und musste in einen größeren Hörsaal umziehen. Seit 1934 trägt die Universität seinen Namen. Heute sind geisteswissenschaftliche Themen ebenso an der Universität vertreten wie Technologie- und Hochleistungsforschung.
Raus und hoch auf die SaaleHorizontale!
Das ist das Tolle an Jena: Natur ist immer nur 15 Minuten weit weg! Für Thomas Röhler bietet die Stadt deshalb eine einzigartige Lebensqualität. Sein Lieblingsziel ist die SaaleHorizontale, die entlang der Muschelkalkhänge rund um Jena führt. Einfach mal raus und hoch – Erholung auf die Schnelle! In kurzer Zeit ist man wieder zurück in der belebten Innenstadt und der Alltag kann weitergehen. Dabei wird die Saalehorizontale nie langweilig. Ein Stündchen Spazierengehen oder zehn Stunden Wandern – jeder bestimmt sein Tempo. Wer einmal unterwegs ist, entdeckt immer wieder neue Wege und Fotospots. Beim Thema Fotografieren kommt Thomas Röhler ins Schwärmen. Als Hobbyfotograf hat er einen Blick für die jahreszeitlichen Schönheiten der Natur. Die wunderbaren Ausblicke auf die Stadt und die umliegenden Dörfer, auf Saaletal, Fuchsturm oder Jenzig begeistern ihn jedes Mal aufs Neue. Der beste Blick auf Jena eröffnet sich übrigens vom Landgrafen. Hier oben im Bergrestaurant lässt es sich außerdem vortrefflich speisen, auf Augenhöhe mit dem JenTower. Was gibt es da noch zu überlegen? Nichts wie hoch und los!
Einfach mal das Handy abschalten, den Augenblick genießen, den Adrenalinpegel runterfahren.
Die Burgauer Brücke, ein Bauwerk mit Geschichte
Wie vor 500 Jahren spannt sich die historische Burgauer Brücke über die Saale und verbindet die Stadtteile Burgau und Lobeda. Für Thomas Röhler ist das attraktive Bauwerk ein sehenswertes Stück Saaletal. Vom Trainingszentrum ist es nicht weit – also Laufschuhe an oder rauf aufs Rad und einfach mal kurz abschalten! Im Sommer sitzt er hier gern am Ufer, genießt die Natur und lässt die Seele baumeln. „Viele wissen gar nicht, dass Jena von Bergen umgeben ist. Der Blick auf die Berge – das macht Jena definitiv für mich aus!“ Gleich nebenan rauscht das Burgauer Wehr. Selbst im Winter ist die Stimmung zauberhaft, wenn der Reif in den Ufergräsern glitzert und gelegentlich ein Eisvogel vorbeischaut. Der Burgauer Brücke sieht man ihre wechselvolle Geschichte heute nicht mehr an. Im 30-jährigen Krieg wurde sie zerstört, zum Kriegsende 1945 sprengte die Wehrmacht drei Brückenbögen. Ein Hochwasserschaden versetzte die Brücke bis in die 90er Jahre in einen Dornröschenschlaf, aus dem sie 2004 wieder strahlend und umfassend restauriert erwachte. Übrigens: Zwei traumhaft schöne Radfernwege führen direkt an der Burgauer Brücke vorbei: der Saaleradweg und der Radfernweg Thüringer Städtekette. Für Radwanderer ist ein Abstecher durch das paradies direkt ins Zentrum von Jena obligatorisch!
Botanischer Garten – Oase im Zentrum
Für Pflanzenfreunde und Naturliebhaber ist der Botanische Garten in Jena ein Muss! Wo hat man sonst so nah am Stadtzentrum solch eine attraktive Oase? Jungen Athleten und Gästen, die mit ihren Familien nach Jena kommen, empfiehlt Thomas Röhler immer einen Ausflug in die faszinierende Parkanlage, die von der Universität Jena betreut wird. Im Victoria-Haus begeistern die umherfliegenden bunten Schmetterlinge Kinder und Erwachsene. Alpinum, Tropenpflanzen, Nutz- und Heilpflanzen, jeder Themenbereich hat seinen Reiz. Thomas Röhler mag besonders die Kakteen und Sukkulenten. Weil er sich bei ihrem Anblick an seine Trainings- und Wettkampfreisen in warme Gefilde erinnert? „Nein“, lacht er – „wegen der Herausforderung, sie zum Blühen zu bringen!“ Der Botanische Garten in Jena ist der zweitälteste in Deutschland. Als medizinischer Kräutergarten 1586 gegründet, verdankt er seine heutige Anlage der Mitwirkung Goethes. In strahlendem Gelb leuchten im Herbst die Blätter des über 200 Jahre alten Ginkgos, der als „Zeitgenosse“ Goethes an das botanische Wirken des Meisters erinnert. Zu sehen gibt es allerdings viel mehr! Rund 10.000 Pflanzenarten wachsen auf 4,5 Hektar – ein wunderbares Rückzugsgebiet für gestresste Büromenschen, botanisch Interessierte und Ruhesuchende in der belebten Jenaer Innenstadt.
Wagnergasse – die entspannte Meile
Mittagszeit, Trainingspause: Wo wollen wir essen? Gute Frage! Thomas Röhler empfiehlt seinen Gästen meist die Wagnergasse. Ein guter Tipp, wie es scheint, denn sie kommen gern wieder. Mit dem Mix aus Modern und Mittelalter, den zahlreichen Restaurants, Cafés und kleinen Läden wirkt die schmale Gasse wie ein gemütliches Wohnzimmer. Guter Kaffee, leckere Snacks und eine vielfältige Küche – in der Jenaer Wagnergasse findet jeder etwas für seinen Geschmack. Von Frühjahr bis Herbst sitzt es sich entspannt zwischen den farbig restaurierten Häusern, mit Blick auf Johannistor und JenTower. Selbst im Winter werden die Stühle rausgestellt, sobald die Sonne scheint. Wer nach dem Mittagessen Zeit und Lust hat, schlendert durch die kleinen, Inhaber geführten Läden und Galerien. In dem sympathischen Ambiente genießt Thomas Röhler gern sein Lieblingsgericht Pasta „a la Professore“ und dazu ein Ginger Ale. So füllt er den Energiespeicher fürs anschließende Training auf.
Dass sich bis Ende der 60er Jahre die Straßenbahn durch die Wagnergasse quälte, ist heute kaum noch vorstellbar. Schon Goethe soll, mit der Kutsche von Weimar kommend, durch die Gasse gerollt sein. Ihm hätte es sicher gefallen, bei italienischer Pasta einen Stopp einzulegen und seiner Italienreise zu gedenken.
Jena und Umgebung aus der Vogelperspektive
„Der JenTower ist der Spot, um Jena zu erklären“ – deshalb fährt Thomas Röhler gern mit Gästen hinauf auf die 128 Meter hohe Plattform. Der „Wow-Effekt“ ist ihm dabei sicher! Nirgendwo sonst kann man einen solchen Panoramablick auf Jena und Umgebung genießen. Auch die Jenenser sind immer wieder begeistert über die herrliche Sicht auf ihre Stadt, das Saaletal, auf Jenzig, Fuchsturm und das Hufeisen bis hin zur Leuchtenburg. DDR-Staatsarchitekt Hermann Henselmann lieferte die Entwürfe für den Turm, der 1972 eingeweiht wurde. Ursprünglich für das Zeiss-Kombinat gedacht, nutzte den Turm jahrelang die Jenaer Universität. Die historische Bebauung des Eichplatzes musste damals für das Bauprojekt weichen. Heute lässt sich der „Uni-Turm“, wie ihn viele Jenaer noch nennen, als Wahrzeichen der Stadt nicht mehr wegdenken. Für Thomas Röhler ist er ein Stück Identifikation mit seiner Heimatstadt: JenTower, Marktplatz, paradies, Saaleaue und die Jenaer Berge bilden eine feste Basisstation, an der er nach jeder Reise wieder gern andockt – so schön es an den Wettkampf- und Trainingsorten in aller Welt auch war.
Einmal Schleichersee hin und zurück
Offiziell heißt er „Südbad“, aber die Jenenser nennen ihren Badesee im Süden der Stadt nach wie vor „Schleichersee“. Die Familie Schleicher betrieb hier bis in die 1920er Jahre eine Kiesgrube. Nach dem Abbau füllte sich die Grube mit Grundwasser und die Besitzer schenkten den entstandenen See der Stadt. Nebenan liegt das Trainingsfeld der Athleten. Oft schauen neugierige Zaungäste – in Badekleidung und mit einem Eis in der Hand – Thomas Röhler beim Speerwerfen zu. „Das ist schon eine ungewöhnliche Situation – die Badegäste gleich hinterm Zaun, und hier bei uns läuft extremer Leistungssport. Und manchmal sitze ich nach dem Training selbst mit einem Eis am See.“ Thomas Röhler tauscht das Urlaubsgefühl am Schleichersee oft gegen weite Reisen zu Trainingscamps, Wettkämpfen oder Coachings ein. Was genau zieht den Olympiasieger immer wieder nach Jena, wo er doch in der ganzen Welt zu Hause ist? „Früher nach dem Abitur wollte ich weg, andere Orte kennenlernen, umherreisen. Aber mittlerweile bin ich der totale Homecoming-Mensch! Ich habe es schätzen gelernt, dieses Zuhause-Gefühl zu besitzen – die Natur, die mir gefällt, die Menschlichkeit in der Stadt. Andere Orte können super spannend sein, aber ich bin dort Gast. In Jena bin ich verwurzelt.“ Na, wenn das keine Liebeserklärung an seine Heimatstadt ist! Wer so wie Thomas Röhler im paradies (-Park) aufgewachsen ist, kommt eben immer gern dorthin zurück, Schleichersee inklusive.
Ein Eis am Holzmarkt geht immer!
„Ich liebe Eis! Am besten schmeckt mir das Eis am Holzmarkt! Wir Sportler essen schließlich nicht den ganzen Tag lang Reis und Salat …“ Thomas Röhler teilt seine Vorliebe für leckeres Eis mit vielen Jenaern und Jenensern. Davon zeugt die lange Schlange am Eiscafé Riva. Mango oder After Eight, Stracciatella oder Schoko – die Entscheidung fällt nicht leicht bei so viel Auswahl. Im Sommer ist der Holzmarkt einer der belebtesten Orte der Stadt. Während seiner Schulzeit wartete Sportgymnasiast Thomas Röhler dort mitten im „Gewusel“ auf den Überlandbus, der stündlich in Richtung Norden fuhr. Für ein Eis blieb immer Zeit. Der Holzmarkt ist der zentrale Jenaer Verkehrsknotenpunkt, Bus- und Straßenbahnlinien führen in alle Richtungen. Jedes Frühjahr folgt der Platz seiner eigentlichen Bestimmung und beherbergt den „Thüringer Holzmarkt“, der sich im gesamten Stadtzentrum ausbreitet. Dann laden die Stände der Holzkunst-Handwerker, spannende Präsentationen und Mitmach-Aktionen rund ums Thema Holz zum Schlendern ein. Und die Schlange am Eiscafé ist noch länger als sonst.