Aus Lichtenhain erreichte uns die Frage, weshalb eine von der Stadt Jena in Auftrag gegebene (und bezahlte) Straßenbauvariante nicht umsetzbar sein sollte. Nun, Straßenplanung befasst sich im jeweils konkreten Fall nicht nur mit der vorhandenen Situation sonern auch mit den Möglichkeiten, die sich vor Ort zum Ausbau einer Straße bieten.
Im von uns als Erläuterung gewählten Beispielfall aus Hessen geht es um die Kreuzung einer Hauptstraße, in die südlich zwei andere Straßen aufmünden. Die von der Verwaltung der Stadt XYZ bevorzugte Ausbauvariante ist die Variante A (= „Die Kreisellösung“). Zusätzlich wurden aber noch drei andere Varianten in die Untersuchung durch das Planungsbüro gegeben, darunter eine Variante B, die eine straßenbautechnische Auflösung der Kreuzung ohne Kreisel vorsieht, gesteuert durch Ampelregelungen.
Diese Lösung erwies sich in der genaueren Betrachtung jedoch als nicht praktikabel und auch die Straßenbehörde der Stadt XYZ sah in der Variante B eine starke Beeinträchtigung des Verkehrsflusses durch zu lange Standzeiten der einzelnen Straßen, weshalb diese Variante in der Verwaltung schnell den Namen „Die No-Go-Lösung“ erhielt.
In der Diskussion mit den Bürgern, die unter Umständen später zu Straßen(aus)baubeiträgen herangezogen werden sollten, ergab es sich aber, dass die Variante B wohl um rund 40 % preiswerter wäre, als die Vorzugsvariante A. Deshalb gründete sich eine Initiative von Anliegern, die unter dem Slogan „Beiträge runter – So weit das geht!“ im Stadtrat Stimmung machte für den Bau der Variante B.
Die Verwaltung betonte, dass diese Variante niemals zum Ausbau vorgesehen war und allein der Prüfung von Möglichkeiten der Optimierung der anderen Ausbauvarianten diente. Die Bürger widersprachen, denn schließlich sei dies eine Variante gewesen, die in Auftrag gegeben und bezahlt worden sei. Man brachte sogar den Vorwurf der Steuergeldverschwendung auf und wollte die Presse informieren. Noch bevor der Stadtrat eine Entscheidung treffen musste, stellte die Verwaltung klar, dass (= so die Rechtsprechung in Hessen) für die Herstellung der Kreuzung keine Straßen(aus)baubeiträge zu bezahlen sind. Daraufhin plädierte die Initiative „Beiträge runter – So weit das geht!“ unverzüglich dafür, die Variante A zu bauen, da somit die Standzeiten der Kraftfahrzeuge vor den Wohnhäusern erheblich verkürzt werden.
Gelegentlich werden im Rahmen der Straßenverkehrsplanung also auch Ausbauvarianten in Auftrag gegeben, die niemals in den Ausbau kommen können – möglicherweise, weil hierbei gesetzlich oder anderswo vorgeschriebene Mindestbreiten für Straßen oder Gehwege unterschritten werden. Trotzdem dienen sie dazu, die Machbarkeit von Lösungen in Straßen auszuloten. Keinesfalls jedoch sind sie in der Regel geeignet, eine (preiswerte) Möglichkeit darzustellen, um eine Straße rechtlich einwandfrei herzustellen.