2022 erhielt Tim Helbig als sechundzwanzigster und vorerst letzter Preisträger das Walter-Dexel-Stipendium der Stadt Jena. Es war 1997 erstmals verliehen worden mit dem Ziel, etwas für regionale Künstler:innen zu tun.
In einem ausführlichen Diskussionsprozess galt es nach so vielen Jahren, sich mit der Walter-Dexel-Ehrung der Stadt Jena einmal vertiefter zu beschäftigen und zu überlegen, ob und wie sie weitergehen sollte.
Schnell entstand der Konsens, dass diese Würdigung eine Lücke in der Förderkulisse schließt, da es für „Einzelkämpfer:innen“ nach wie vor nicht so ganz einfach ist, Unterstützung für Kunst- oder Kulturschaffen zu bekommen. Gleichwohl war auch klar, dass es nach so langer Zeit sinnvoll wäre, die Grundsätze zu überprüfen und gegebenenfalls zu schärfen. Hin und wieder gab es ja bereits in deren Auslegung divergierende Auffassungen: Fördert man nur junge Leute? Wie alt darf man sein, um als junger Mensch zu gelten? Kann auch ein Lebenswerk honoriert werden? Was ist mit denjenigen, die eher als „Möglichmacher“ agieren? Bleiben sie außen vor? Welches Einzugsgebiet betrachten wir eigentlich? Wer ist vorschlagsberechtigt?
All diese Fragen sind nunmehr beantwortet, und so soll die beste Nachricht am Anfang dieses Beitrags stehen: es wird weiterhin eine Walter-Dexel-Ehrung der Stadt Jena geben! Wie sieht sie aus?
Im Wesentlichen wird sie künftig jährlich alternierend in einem Walter-Dexel-Preis und einer Goldenen Kulturkarte bestehen.
Walter-Dexel-Preis der Stadt Jena
Der Walter-Dexel-Preis heißt nicht mehr Walter-Dexel-Stipendium, da bereits die bisherige Praxis immer für Irritationen sorgte, denn im Grunde bestand das sogenannte Stipendium ja von Anfang an in einer Einmalzahlung, war also gar kein wirkliches Stipendium.
Was wurde noch präzisiert? Hierzu sei aus den neuen Grundsätzen zitiert:
„Der Preis dient der Unterstützung vorzugsweise jüngerer Künstler:innen (bis 45 Jahre), die sich durch die eigene künstlerische Tätigkeit nachhaltig, d.h. mindestens 3 Jahre, um die Entwicklung des künstlerisch-kulturellen Lebens Jenas verdient gemacht haben und mit einem professionellen künstlerischem Anspruch arbeiten, so überregionale Wirkung erzielen und auch nationalem Vergleich standhalten.“
Und weiter:
„Der Preis, der herausragende künstlerischen Leistungen mit überregionaler Strahlkraft würdigt, kann in allen künstlerischen Genres vergeben werden, beispielsweise Literatur, bildende Kunst, Musik, Theater, Tanz, Architektur, neue Medien, Design, Fotografie, Film. Das Genre sollte in der Regel wechseln.“
Es bleibt auch das Preisgeld in Höhe von 5.000 Euro nebst einer würdigen Festveranstaltung. Auch wird daran festgehalten, dass die Öffentlichkeit Vorschläge einreichen kann.
Die Jury, die diese Vorschläge berücksichtigen soll und zugleich eigene einbringen darf, besteht künftig aus:
- Oberbürgermeister:in / Kulturdezernent:in der Stadt Jena
- Vorsitzende:r des Kulturausschusses des Jenaer Stadtrates
- Werkleiter:in des Eigenbetriebes JenaKultur
- Vormalige:r Preisträger:in
- und – fakultativ – zuätzlich ein:e jeweils wechselnde:r externe:r Kultur- und Kunstexpert:in, die die/der Oberbürgermeister:in bestellt.
Die erste Vergabe soll noch 2024 erfolgen. Und die schriftlich zu begründenden Vorschläge von mindestens einer Seite Umfang (bis maximal drei) sollen bis 16. Juni 2024, also bis kurz vor dem Beginn der Sommerferien, bei JenaKultur eingereicht sein, entweder auf dem Postweg (JenaKultur, Knebelstraße 10, 07743 Jena) oder auch per E-Mail an jenakultur@jena.de
Und die Goldene Kulturkarte der Stadt Jena?
Mit ihr können künftig, beginnend 2025, vor allem Lebensleistungen eine:r/s Künstler:in, Kulturschaffenden, „Kulturermöglicher:in“ gewürdigt werden, die/der in und für die Stadt Jena lebt und gewirkt haben muss. Die Entscheidung über die Vergabe der Goldenen Kulturcard erfolgt durch den Werkausschuss von JenaKultur, wobei dieser vom Kulturausschuss beraten werden soll.
Sie wird befristet für zwei Jahre vergeben und danach symbolisch weiter gereicht. Sie ermöglicht kostenfreien Eintritt zu folgenden JenaKultur-Veranstaltungsformaten: Konzerten, Lesungen, Ausstellungen.
Die exakte Formulierung der dann dafür gültigen Grundsätze erfolgt bis Anfang 2025 und wird wiederum rechtzeitig bekannt gegeben, da auch hier Vorschläge aus der Öffentlichkeit möglich sein sollen.
Für beide Ehrungen wird JenaKultur das Handling in bewährter Weise übernehmen und auch die notwendige Budgets einplanen.
So bleibt zu hoffen, dass die imposante Liste der bislang Geehrten in etwas abgewandelter Form würdig fortgeschrieben werden kann.
Zum Namensgeber:
Walter Dexel (*7. Februar 1890 in München – † 9. Juni 1973 in Braunschweig), deutscher Maler, Werbegrafiker, Designer, Verkehrsplaner, Kunsthistoriker und Museumsleiter
Das Wirken Walter Dexels in der Stadt Jena mit Übernahme der Ausstellungsleitung des Jenaer Kunstvereins im Jahre 1916 hatte großen Einfluss auf das Kulturleben in der Saalestadt. Für Dexel war ein neuer ganzheitlicher Ansatz in der Kunst von enormer Bedeutung. So organisierte er nicht nur aufsehenerregende Ausstellungen von Expressionisten, Mitgliedern des Bauhauses, Realisten, Konstruktivisten oder Dada-Künstlern, sondern forderte zugleich, dass Architektur, Raumgestaltung, Kunstgewerbe, vorbildliche industrielle und handwerkliche Erzeugnisse des Alltags wesentlich mehr im Fokus der Kunst stehen müssten. Nicht mehr das Bild an der Wand, sondern die Durchformung der Umgebung sei von Interesse. Deshalb lag sein Augenmerk neben Ausstellungen bildender Künstler auf Expositionen von guter Typographie und Reklame, sachlicher Möbel und Gebrauchsgegenstände, von Wohnung, Siedlung und Städtebau. Walter Dexel ging es um die Durchsetzung guten Geschmacks und ästhetischer Prinzipien in der Alltagsgestaltung, ob als Werbegrafiker, Pädagoge oder Museumsleiter.
An dieser Maxime orientiert sich auch der Walter-Dexel-Ehrung der Stadt Jena.
Liste der Walter-Dexel-Stipendiat:innen der Stadt Jena 1997 bis 2022
1997 Einhard Hopfe
1998 Ines Eck
1999 Klaus Wegener
2000 Anne Günther
2001 Manuela Schwarz
2002 Martin Neubert
2003 Jan Volker Röhnert
2004 Uwe Germar
2005 Sarah Jasinszczak
2006 Gerlinde Böhnisch-Metzmacher
2007 Martin Stiebert
2008 Robert Seidel
2009 Amira Shemeis
2010 Jana Gunstheimer
2011 Robert Krainhöfner
2012 Romina Voigt und Moritz Gause
2013 Friedemann Ziepert
2014 Sebastian Jung
2015 Thomas Sperling
2016 Antje Horn
2017 Thomas Eckardt
2018 Maximilian Lörzer
2019 David Cebulla
2020 Ralf Kleist und Philipp Schäffler
2021 Kathrin Groß-Striffler
2022 Tim Helbig
Ihr Lieben, der Link mit der Mailadresse oben enthält einen Tippfehler, vielleicht ist der bisherige Posteingang deshalb nicht vollständig …
Lieber Matias,
danke für diesen wichtigen Hinweis. Haben gleich korrigiert und werden noch einmal über die Presse erinnern.
Das JenaKulturBlog-Redaktionsteam