Vor Kurzem hatten wir darauf hingewiesen, dass in Internetforen gelegentlich Gedanken geäußert und diskutiert werden, die, obwohl nur Behauptungen, sich schnell als „Fakten“ etablieren und weitergetragen werden. Hin und wieder wird sogar davon ausgegangen, dass sie alleine schon deshalb der „Wahrheit“ entsprechen, weil die Stadt Jena hierauf nicht reagiert oder Dinge aus ihrer Sicht kommentiert.
Grundsätzlich sei angemerkt, dass sich die Abteilung Beiträge des Kommunalservice Jena (KSJ) in bestimmten Internetforen nicht (mehr) einbringt, weil diese von redaktioneller Seite her nicht den journalistischen Grundregeln genügen und/oder in der Vergangenheit Kommentare immer wieder ohne Begründung bzw. Erklärung für die Leser aus dem inhaltlichen Kontext herausgelöscht wurden. In anderen Internetforen (wie denen der Zeitungsgruppe Thüringen) sind wir dagegen punktuell weiter präsent und beantworten Fragen.
Nun zum eigentlichen Thema: Wenn es um Kommunalabgaben geht, ist eine oft geäußerte Annahme die – aus Sicht der Stadt Jena angenommene – „Unsinnigkeit“, eine Straße zu öffnen, dort z.B. einen Abwasserkanal zu ersetzen und die Straße für die Anlieger beitragsfrei wieder zu verschließen. Beispielhaft sei hierzu die Äußerung eines sachkundigen Bürgers des Stadtrates der Stadt Jena erwähnt, der äußerte: „Man möchte die Kosten von infrastrukturell notwendigen Sanierungsmaßnahmen so weit wie möglich auf die Bürger abwälzen. Eine Straße zu öffnen, den Abwasserkanal zu ersetzen und die Straße wieder zu schließen, bringt da nichts, weil es keine grundhafte Erneuerung wäre. Also ‚erneuert‘ man halt auf Teufel komm raus und kann hinterher die Gebühren auf die Anlieger umlegen. (…) So schlimm wie die Realität mittlerweile ist, kann man schon gar nicht mehr denken.“ – Das ist natürlich nur eine Meinungsäußerung seinerseits und keineswegs „die Wahrheit“.
In diesem Zusammenhang seien uns einige grundsätzliche Informationen gestattet:
1.) Straßenbauarbeiten erfolgen in Jena von Seiten der Stadt bzw. des KSJ niemals vordergründig mit der Absicht, Beiträge auf Bürger umzulegen, sondern stets aus fachlichen Erwägungen heraus. Diese können sein:
a) Die Instandhaltungskosten der vergangenen und noch folgenden Jahre sind unangemessen, bezogen auf die Wirkung, die dadurch für die Straße erreicht wird.
b) Die Stadtwerke bereiten eine Maßnahme vor, die Stadt jedoch hat die Verbesserung bzw. Erneuerung der Straße mittelfristig – weder finanziell noch logistisch – in der Planung. Jedoch könnte eine koordinierte Baumaßnahme zu einer erheblichen Kostenersparnis für alle Beteiligten führen.Aus diesem Grund wird gelegentlich eine für spätere Jahre vorgesehene Baumaßnahme zeitlich vorgezogen.
c) Eine Straße sieht vielleicht auf den ersten Blick noch „gut“ aus, ist im unterirdischen Bauraum aber verschlissen, hat ihre Lebensdauer erreicht und muss deshalb erneuert bzw. verbessert werden.
zu a): Es ist schon ein grundsätzliche Überlegung, ob der Kommunalservice z.B. über Jahre fortgesetzt zehntausende Euro in die Instandhaltung einer öffentlichen Straße investieren soll (z.B. für das Flicken von Schlaglöchern) und am Ende trotzdem nicht um die grundhafte Erneuerung dieser Straße herumkommt. In einem solchen Fall wäre das für die Instandhaltung der Schlaglöcher ausgegebene Geld komplett verloren, da bei einer grundhaften Erneuerung der gesamte Oberbau der Straße entfernt wird. HIer öffentliche Gelder auf diese Weise ohne Wirkung zu vernichten, ist nicht nur den steuerzahlenden Bürgern nicht zu vermitteln sondern wird auch wahrscheinlich von Seiten des Thüringer Rechnungshofs beanstandet werden.
zu b): Koordinierte Baumaßnahmen sind niemals zum finanziellen Nachteil der Stadt; bei einer beitragspflichtigen Maßnahme profitieren hiervon auch die später Beitragspflichtigen. Der Grund ist ganz einfach: separate Maßnahmen kosten immer mehr, weil bestimmte DInge wie z.B. die Baustelleneinrichtung doppelt vorgehalten (und bezahlt) werden. Bei einer koordiniertenb Baumaßnahme sind nachweislich Kosteneinsparungen für alle Seiten zu erzielen und damit auch für die beitragspflichtigen Anlieger.
zu c): Die Stadt Jena ist in aller Regel Träger der Straßenbaulast der öffentlichen Straßen im Stadtgebiet. Ihr obliegt daher die Verkehrssicherungspflicht. Hierzu gehört es nicht nur, Straßen, Wege und Plätze aus oberflächlicher Sicht instand zu halten sondrn auch den unterirdischen Bauraum zu betrachten. Ist dieser in einem verbesserungswürdigen Zustand, so kann sich die Stadt bzw. der Kommunalservice dafür entscheiden, eine Verkehrsanlage zu erneuern. Für diese Entscheidung bedarf es keiner gesonderten Zustimmung der Bürger, eines Ortsteilrates oder des Stadtrates. Letzterer entscheidet über den Haushalts- bzw. Wirtschaftsplan des Eigenbetriebes über die grundsätzliche Zurverfügungstellung des Geldes für die Baumaßnahmen und im Einzelfall bei der Vergabe der Bauleistung über deren Notwendigkeit.
Ist mit einer Entscheidung zur grundhaften Erneuerung einer Straße bzw. deren Verbesserung eine spätere Beitragspflicht verbunden, so sind die betroffenen Grundstückseigentümer entsprechend der gesetzlichen Vorgaben des § 13 Thüringer Kommunalabgabengesetz im Verfahren zu informieren. Eine gesonderte Entscheidung des Stadtrates oder der von ihm bevollmächtigten Ausschüsse für oder gegen eine beitragspflichtige Maßnahme hat jedoch aus verschiedenen Gründen keine rechtliche Auswirkung auf die spätere Beitragserhebung – sie ist weder vorgeschrieben noch bindend.
In der Zeitung stand an diesem Wochenende, daß Am Kieshügel Gehwege gebaut werden sollen, damit dort geparkt werden kann. Daran sollen sich die Anlieger finanziell beteiligen.
Erstens erschließt sich mir nicht der Sinn, einen Gehweg zu bauen, damit darauf Autos parken sollen. Und weshalb muß man für so etwas Unsinniges als Anlieger auch noch Geld bezahlen?
Vielen Dank für eine baldige Aufklärung.
T.A.
Sehr geehrter Herr Arndt,
ihr Kommentar bezieht sich wahrscheinlich auf einen Artikel in der TLZ zur Parksituation in Jena-Nord (siehe: http://blog.jena.de/strassenbaubeitraege/wp-content/uploads/sites/11/2015/07/TLZ-Artikel-Unfrieden-in-friedlicher-Strasse-2015-07-25-1024×355.jpg). Hierbei kamen u.a. Mitglieder des Ortsteilrates Jena-Nord zu Wort. Es geht um die Situation, dass jahrelang das Parken in einer Straße geduldet wurde, obwohl es dort aus verschiedenen Gründen so nicht zulässig war.
Dem Interesse der Anlieger nach Parkmöglichkeiten in kleinen Straßen steht hier wohl das Interesse der Allgemeinheit auf den Schutz des Lebens gegenüber. Jeder Mensch hat grundsätzlich Anspruch darauf, dass Feuerwehr und Notarzt sein, an einer öffentlichen Straße gelegenes, Grundstück/Haus problemlos erreichen können um dort ggf. Nothilfe zu leisten. Auch die gefahrlose Nutzung einer öffentlichen Straße als Fußgänger muss gewährleistet sein.
Wenn es in einer Straße (wie möglicherweise „Am Kießhügel“) eine ungeordnete Parksituation gibt, obliegt es der Straßenverkehrsbehörde beim Ordnungsamt, Maßnahmen zu ergreifen, um den Missstand zu regeln. Das können u.U. Verwarnungsgelder sein. Sollte es notwendig werden, dass die Stadt Jena in einer öffentlchen Straße zur Beseitigung eines verkehrsrechtlichen MIissstands bauliche Maßnahmen ergreift, dann sind diese, soweit es Instandhaltungsmaßnahmen sind (z.B. ein Schlagloch zu flicken) beitragsfrei, können aber (wenn es etwa um eine Gehwegherstellung geht) auch beitragsrechtliche Folgen haben.
Mit freundlichen Grüßen
gez.
Rainer Sauer
Leiter der Abteilung Beiträge im
Kommunalservice Jena
Aber es ist doch völlig absurd, etwas zu bauen, was die Bürger nicht wollen und dann auch noch Geld dafür zu verlangen. Die Leute wollen parken, weiter nichts.
Lieber Herr Müller,
es scheint immer ein Problem zu sein „was die Bürger wollen“, vor allem, wenn man den Blick auf „die Bürger“ legt, denn gelegentlich sind dies einige wenige, die in die Öffentlichkeit gehen und die „breite Masse“ bleibt ungehört.
Die Situation in der Straße am Kieshügel wurde bereits beschreiben, man kann sie jedoch auch anhand dieser beiden Fotos (http://blog.jena.de/strassenbaubeitraege/wp-content/uploads/sites/11/2015/07/Verkehrssituation-Am-Kieshuegel-Foto-1-©-Stadt-Jena-KSJ.jpg / http://blog.jena.de/strassenbaubeitraege/wp-content/uploads/sites/11/2015/07/Verkehrssituation-Am-Kieshuegel-Foto-2-©-Stadt-Jena-KSJ.jpg) gut erkennen.
Die Straße ist nicht sehr breit, hat zwei schmale Gehwege, auf denen sich auch noch Mülltonnen oder Hydranten befinden. Auf einer Seite (manchmal auch auf beiden) wird geparkt und große Fahrzeuge wie z.B. solche der Feuerwehr kämen im Einsatzfall wohl nur schwer vor Ort (…ich bin kein Feuerwehrexperte, das muss ich dazu sagen).
Wenn sich die Stadt also dazu entscheiden würde, die Straße grundhaft zu erneuern und z.B. einen einseitigen Gehweg mit Parkmöglichkeit zu schaffen um die verkehrliche Situation allgemein zu verbessern, dann wäre eine solche Lösung wohl nicht „absurd“ sondern sinnvoll zu nennen.
Oft jedoch sind Bürger gegen Baumaßnahmen, die sie mitfinanzieren müssen. Gleichwohl können solche Baumaßnahmen notwendig sein oder werden. Die Entscheidung hierüber obliegt dabei nicht den Bürgern sondern der Stadt Jena in Form der Verwaltung oder des Stadtrats.
Mit freundlichen Grüßen
gez.
Rainer Sauer
Leiter der Abteilung Beiträge im
Kommunalservice Jena