Leistungsanspruch
Deutschland ist ein Sozialstaat, in dem alle Bürger vor wirtschaftlichen Notsituationen geschützt werden sollen.
Deshalb gibt es neben den Gesetzlichen Sozialversicherungen ein dichtes Netz an Leistungen, die bei besonderem Bedarf helfen sollen. Der Anspruch ergibt sich aus der Rechtslage und dem tatsächlichen Bedarf.
Ob Sie unterstützende Leistungen beanspruchen können, hängt von Ihrem Aufenthaltsstatus ab. Dieser bestimmt sich aus Ihrem Herkunftsland, der bisherigen Aufenthaltsdauer in Deutschland und dem Grund Ihres Aufenthalts.
Die folgende Darstellung gibt einen allgemeinen Überblick zu möglichen Leistungsansprüchen nach dem zweiten und zwölften Sozialgesetzbuch (SGB II und SGB XII) sowie nach dem Asylbewerberleistungsgesetz (AsylbLG).
Anspruch bei kurzzeitigem Aufenthalt
Ohne gewöhnlichen Aufenthalt in Deutschland haben Sie keinen Anspruch auf Leistungen nach SGB II.
Sie können einmalig Überbrückungsleistungen gemäß SGB XII erhalten sowie bei Bedarf ein Darlehen zur Deckung angemessener Rückreisekosten.
Sie haben grundsätzlich keinen Anspruch auf Leistungen nach dem AsylbLG.
Anspruch bei langzeitigem Aufenthalt
Grundsätzlich keinen Anspruch auf SGB II-Leistungen haben Sie innerhalb der ersten 3 Monate Ihres Aufenthalts und auch, wenn Sie sich zum Zweck der Arbeitssuche in Deutschland aufhalten.
Sie können danach einen Anspruch auf SGB II-Leistungen haben, wenn Sie erwerbsfähig sind und Ihnen die Aufnahme einer Beschäftigung erlaubt ist. Gleiches gilt für Familienangehörige Ihrer Bedarfsgemeinschaft. Ausschlussgründe können sich jedoch aus dem Aufenthaltszweck ergeben.
Sie könnten nach einem längeren Aufenthalt Anspruch auf Leistungen nach SGB XII haben, wenn Sie die Altersgrenze für Erwerbsfähige überschritten haben, generell nicht erwerbsfähig sind oder wenn Ihnen eine Beschäftigung nicht erlaubt ist.
Andernfalls können Sie einmalig Überbrückungsleistungen gemäß SGB XII erhalten sowie bei Bedarf ein Darlehen zur Deckung angemessener Rückreisekosten.
Sie können grundsätzlich keinen Anspruch auf Leistungen nach dem AsylbLG geltend machen, es sei denn, Sie stellen einen Asylantrag. In diesem Fall hat der Anspruch auf Leistungen nach dem AsylbLG Vorrang vor evtl. Ansprüchen nach SGB II oder XII.
Beispiel: Anspruch mit Aufenthaltserlaubnis zwecks ausbildung
Auch wenn Sie grundsätzlich einen Anspruch auf SGB II-Leistungen haben könnten, sind Sie als Auszubildender oder Studierender vom Bezug ausgeschlossen. Gleiches gilt, wenn Sie sich nach der ausbildung bzw. dem Studium zwecks Arbeitssuche in Deutschland aufhalten.
Unter den o. g. Bedingungen könnten Sie Anspruch auf SGB XII-Leistungen haben.
Beispiel: Anspruch mit Aufenthaltserlaubnis zwecks Arbeit
Sie können zu den o. g. Bedingungen grundsätzlich Anspruch auf Leistungen nach SGB II haben. Ihre Aufenthaltserlaubnis muss ausschließlich zur Erwerbstätigkeit genutzt werden, nicht zur Arbeitssuche.
Anspruch mit Aufenthaltserlaubnis aus familiären Gründen
Da Ihr Aufenthaltstitel Sie zur Erwerbstätigkeit berechtigt, können Sie Anspruch auf Leistungen nach SGB II und XII haben. Dies gilt nur, solange die Aufenthaltserlaubnis nicht in einen anderen Zweck umgewandelt wird, der den Bezug von Sozialleistungen ausschließt (z. B. Studium).
Anspruch mit Niederlassungserlaubnis
Sofern Sie erwerbsfähig sind, haben Sie und Ihre bei Ihnen lebenden Familienangehörigen einen grundsätzlichen Anspruch auf SGB II-Leistungen.
Sind Sie dagegen nicht erwerbsfähig oder haben die entsprechende Altersgrenze überschritten, können Sie grundsätzlich Leistungen nach SGB XII beziehen.
Anspruch mit Fiktionsbescheinigung
Je nach Art der Fiktionsbescheinigung ergeben sich unterschiedliche Leistungsansprüche.
- Mit einer Erlaubnisfiktion, die die Zeit vom fristgerechten Antrag bis zum Aufenthaltstitel überbrückt, haben Sie Anspruch auf SGB XII-Leistungen, wenn kein Anspruch auf Leistungen nach SGB II vorliegt. Sie könnten SGB II-Leistungen erhalten, wenn die Ausübung einer Erwerbstätigkeit für Sie erlaubt ist. Mitunter sind Sie als Mitglied einer Bedarfsgemeinschaft leistungsberechtigt.
- Mit einer Fortgeltungsfiktion, die die Zeit bis zur Verlängerung eines bestehenden oder neuen Aufenthaltstitels überbrückt, haben Sie denselben Anspruch wie mit dem vorherigen Aufenthaltstitel.
- Mit einer Duldungsfiktion können Sie weder Leistungen nach SGB II noch SGB XII erhalten, sondern ausschließlich nach AsylbLG.
Familienleistungen
Der Anspruch auf Mutterschaftsgeld und Elterngeld wird im Einzelfall geprüft. Grundsätzlich erhalten Sie diese Leistungen dann, wenn Sie eine Aufenthaltserlaubnis besitzen, die zur Erwerbstätigkeit berechtigt oder berechtigt hat.
Wenn Sie sich ausschließlich zwecks Aus- oder Weiterbildung in Deutschland befinden, haben Sie keinen Anspruch auf Mutterschaftsgeld und Elterngeld.
Kindergeld
Besonderheiten gelten beim Bezug von Kindergeld. Sie können nur dann Kindergeld erhalten, wenn Sie keine vergleichbare Leistung im Ausland beziehen.
Der Bezug von Kindergeld ist grundsätzlich an einen Aufenthaltstitel gebunden, der zur Erwerbstätigkeit berechtigt und vermuten lässt, dass Sie sich längere Zeit in Deutschland aufhalten werden.
Sie können kein Kindergeld erhalten, wenn Sie sich voraussichtlich nur vorübergehend in Deutschland aufhalten. Daran ändert sich auch nichts, wenn Sie erwerbstätig sind und Beiträge zur Arbeitslosenversicherung zahlen. So sind Sie bei einem Aufenthalt zwecks ausbildung/Studium oder betrieblicher Aus- und Weiterbildung oder als Saisonarbeiter oder Au-Pair vom Kindergeldanspruch ausgeschlossen.
Ausnahmeregelungen
Für einige Herkunftsländer gelten zwischenstaatliche Abkommen. Stammen Sie aus der Türkei, Algerien, Bosnien und Herzegowina, Serbien und Montenegro, Marokko oder Tunesien, könnten Sie einen Anspruch auf Kindergeld haben, wenn Sie in Deutschland
- eine versicherungspflichtige Erwerbstätigkeit haben oder
- Mutterschafts-, Krankengeld oder ähnliche Leistungen in Deutschland erhalten oder
- ein Kind unter 3 Jahren betreuen oder
- Leistungen der Arbeitslosenversicherung beziehen.
Wichtig: Als türkische Staatsangehörige haben Sie keinen Anspruch auf Kindergeld für Kinder, die mit dem anderen Elternteil zusammen in der Türkei leben.