Vielerorts haftet Museen noch das verstaubte Klischee der „klassischen Hochkultur“ an: komplizierte Inhalte, langwierige Texte, lebensfremde Themen und ermüdende Führungen durch alte Gemäuer. Nicht so in Jena: Die Städtischen Museen bieten mehr als nur den klassischen Gang durch die Dauerausstellung. Durch die vielfältigen Angebote der Museumspädagog*innen werden für ganz unterschiedliche Zielgruppen attraktive Bildungsformate geboten. Neben der Themenvielfalt in der kuratorischen Arbeit spielt die zielgruppenorientierte Vermittlungsarbeit die Hauptrolle in den Städtischen Museen Jena. Im Gespräch mit Ulrike Ellguth-Malakhov (Museumspädagogin im Stadtmuseum) und Philipp Albrecht (Museumspädagogische Hausleitung im Romantikerhaus) wird klar, dass hinter den Kulissen viel getan wird, um alle Bürger*innen der Stadt zu erreichen. Veränderungen diesbezüglich gibt es auch in Jena seit Jahren. Dabei beeinflussen sich Publikumsnachfrage und Pädagogik gegenseitig.
„Kein Thema ist unvermittelbar.“
Im Stadtmuseum gibt es nicht nur umfangreiche Dauerausstellungen zum Leben in Jena, sondern immer auch Wechselausstellungen zu Alltagsthemen, wie zu „Eine Liebe im Osten. Fußball in Jena“ (2013), „trink | KULTUR in der DDR“ (2012) oder „Spielräume. Jenaer Kindheit um 1900 zwischen Norm und Reform“ (2017). Hier trifft das Klischee der Hochkultur auf handfeste Inhalte, die die Erfahrungen und die Interessen der Menschen aufgreifen. „Kein Thema ist unvermittelbar. Man findet für jede Besuchergruppe einen spannenden Zugang“, so Ulrike Ellguth-Malakhov.
Auch im Romantikerhaus spricht man lieber von „Ort der Kultur“ als von „Hochkultur“. „Gerade den Frühromantikern war Individualität bzw. Eigentümlichkeit wichtiger als Herkunft oder Alter“, so Philipp Albrecht. So passt das Thema des Museums zum museumspädagogischen Anspruch. Um nicht nur, überspitzt formuliert, die Mittsechziger-Deutschlehrer*innen anzulocken, sind innovative Angebotsformate gefragt: Märchenstunden, Führungen für Schüler*innen und vieles mehr.
Auch viele Familien und junge Menschen nutzen die Angebote der Städtischen Museen rege und verändern damit auch die Perspektive der Pädagog*innen auf ihre Arbeit. Man ist sich im Team der Museen der anspruchsvollen Herausforderung bewusst, ein immer diverser werdendes Publikum adäquat „zu versorgen“. In einigen Bereichen der Museumsarbeit ist man schon weit gekommen, was die zielgruppenorientierte Kulturelle Bildung angeht. Anderes wird – je nach Ressourcen – in Konzepte für die Zukunft eingebracht und peu à peu ausprobiert.
Alte Häuser, neuer Wind
Viele kleine Veränderungen in Richtung Barrierefreiheit und Zugänglichkeit sind unlängst umgesetzt: Seit Langem wird bereits darauf Wert gelegt, die Ausstellungstexte verständlich zu gestalten, und versucht, Menschen verschiedenen Alters, sozialer oder kultureller Herkunft anzusprechen. So ist im Karmelitenkloster die Ausstellungsbeschreibung auch auf Englisch übersetzt und in den nächsten Jahren sind mehrsprachige Audioguides auch in den anderen Einrichtungen denkbar. Die neue Museumswerkstatt wurde barrierearm gestaltet und bietet damit einen neuen alternativen Veranstaltungsraum – ohne die unzähligen Treppenstufen der denkmalgeschützten Bauten.
Die Städtischen Museen Jena sind keine statischen Ausstellungsorte von Relikten aus längst vergangen Zeiten, sie nehmen – auch Dank der Verbindung zu anderen Einrichtungen von JenaKultur – die Herausforderungen der sich wandelnden Stadtgesellschaft auf, bieten Orientierung sowie Lösungsansätze und regen Diskussionen an. „Museen sind ein Teil der Identität einer Stadt, sie bilden und bilden ab. Sie dienen der Selbstvergewisserung einer Stadtgesellschaft und haben die Aufgabe, lebendig und aktiv an Veränderungsprozessen mitzuwirken“, so Ulrike Ellguth-Malakhov. So gibt es aktuell auch einen Aufruf, corona-Zeitzeugnisse einzureichen und damit einen Teil der Stadtgeschichte selbst zu schreiben. Denn irgendwann werden auch die Herausforderungen der aktuellen Pandemie Teil der Geschichte werden.
Die Vernetzungsarbeit von Museumspädagogik und anderen Bildungseinrichtungen wird groß geschrieben: Gerade mit vielen Kitas gibt es seit Langem eine verlässliche Zusammenarbeit. Das Projekt „Museumszwerge“, bei denen Vorschulkinder zu kleinen Expert*innen im Museum „ausgebildet“ werden, ist dafür ein Beispiel. Die Kinder kommen zu fünf bis sechs Besuchen in Stadtmuseum und Kunstsammlung und nehmen an einer Märchenstunde im Romantikerhaus teil. Danach kommt die Museumsmaus noch in die Kita und spricht mit den Kleinen über ihre Erlebnisse. Auch in corona-Zeiten bleibt die Museumsmaus eine verlässliche Ansprechpartnerin und schickt den Kindern Briefe aus dem Museum. Ein besonderes Erlebnis kann außerdem der Kindergeburtstag im Museum sein, der mithilfe der Pädagog*innen vor Ort gefeiert werden kann.
Aber auch für Erwachsene gibt es neben dem klassischen Museumsbesuch Möglichkeiten, die Ausstellungen der Museen zu entdecken: Mit Museumskoffern werden Teile der Exponate auf Anfrage auch zu Senior*innen gebracht, die nicht mehr selbst vor Ort durch die Räume schlendern können. Natürlich ist im Moment einiges noch anders, da Hygienevorschriften und Umbauarbeiten die Angebote des Stadtmuseums doppelt ausbremsen. Das Romantikerhaus ist allerdings zur Zeit geöffnet und bietet mit einem virtuellen Rundgang gleichzeitig einen guten Einblick in die Ausstellungsräume. Wer nicht vorbeikommen kann oder erst einmal neugierig die Lage prüfen möchte, der ist eingeladen, sich selbst online einen Einblick zu verschaffen.
„Nichts ist so beständig wie der Wandel.“
Heraklit im 5. Jh. v. Chr.
Dies gilt nicht nur in Zeiten von Krisen, sondern ist Teil der Geschichte und der Gegenwart einer jeden Stadt. Die Lebensumstände wandeln sich, die Gesellschaft wird vielfältiger, die Perspektiven verändern sich. Den Wandel zu beschreiben und zu erklären, die Lehren und Diskussionen früherer Zeiten ins Hier und Jetzt zu übertragen – das ist die Aufgabe der Städtischen Museen. Ohne moderne museumspädagogische Arbeit wäre dies nur für einen ausgewählten Teil der Stadtgesellschaft nachvollziehbar. Aber beispielsweise mit Mäusen, Monstern und Märchen werden auch für die jüngsten Bürger*innen Jenas die Museen zu einem Anlaufort, der Spaß und Lernen vereint.
Über die aktuellen Angebote informieren die Städtischen Museen Jena auch tagesaktuell in den Sozialen Netzwerken:
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Was ist Ihnen beim Besuch eines Museums besonders wichtig? An welcher Stelle fehlt Ihnen noch ein Angebot? Welches Konzept hat Sie besonders beeindruckt?
Wie immer freuen wir uns über Ihre Anregungen!