Mark Gresnigt lebt mit seiner Partnerin seit einigen Jahren in Jena. Ursprünglich stammt er aus den Niederlanden und seine Forschungsarbeit hat ihn hierher gebracht. Im Blogbeitrag erzählt er uns, was ihm an seinem Job besonders gefällt, welche Aberglauben Jenaer Studierende haben und von wo man den besten Blick auf die Stadt hat.
Erzählen Sie uns ein wenig über sich. Woher kommen Sie? Und was hat Sie nach Jena geführt?
Mein Name ist Mark Gresnigt und ich komme aus den Niederlanden. Ich habe in Nijmegen (Nimwegen) nahe der deutschen Grenze Medizinische Biologie studiert und anschließend an der Radboud University Medical Center promoviert. Nachdem ich sieben Jahre lang auf dem Gebiet der Immunologie von Pilzinfektionen geforscht hatte, suchte ich eine neue Herausforderung. Durch mehrere wissenschaftliche Konferenzen lernte ich das Leibniz-Institut für Naturstoff-Forschung und Infektionsbiologie – Hans-Knöll-Institut (Leibniz-HKI) als ein Kompetenzzentrum für Pilzerreger in Europa kennen. Nachdem ich mit Forschern des Leibniz-HKI in Kontakt getreten war, entwarf ich ein Projekt, um meine Forschung in Jena fortzusetzen. Unterstützt durch ein Stipendium der Alexander von Humboldt Stiftung zog ich nach Jena und begann als Postdoc in der Abteilung für mikrobielle Pathogenitätsmechanismen unter der Leitung von Prof. Bernhard Hube am Leibniz-HKI zu arbeiten.
Sie sind nicht allein hierher gezogen…
Anfangs schon… es ist nicht immer einfach, Arbeit in derselben Stadt zu finden, und meine Partnerin hat eine Stelle in Dresden gefunden. Sie kam nach zwei Jahren zu mir nach Jena, als sie ihre ausbildung zur Psychotherapeutin beginnen konnte.
Was sind die größten Unterschiede im täglichen Leben zwischen Ihrer Heimat und Jena?
In den Niederlanden fährt jeder mit dem Fahrrad durch die Stadt, während in Jena nur ein Bruchteil der Menschen mit dem Fahrrad unterwegs ist. Ich weiß, dass das Radfahren in Jena aufgrund der Höhenunterschiede etwas schwieriger ist, was in den Niederlanden kein Thema ist. Ich denke jedoch, dass ein weiterer wichtiger Faktor, das Fehlen einer sicheren Fahrradinfrastruktur ist. Die gemeinsame Nutzung von Gehwegen funktioniert wegen des Geschwindigkeitsunterschieds zwischen Fahrrädern und Fußgängern einfach nicht (in den Niederlanden kann man deshalb mit einem Bußgeld belegt werden, wenn man auf dem Gehweg fährt). Mir ist auch aufgefallen, dass bei der Neuplanung von Straßen (z. B. kürzlich in Jena-Nord) kaum daran gedacht wird, einen sicheren Weg für Radfahrer zu schaffen (Radwege überschneiden sich buchstäblich mit Straßenbahnhaltestellen, an denen Menschen auf die Straßenbahn warten). Ich lade die Stadtplaner ein, niederländische Städte zu besuchen, um sich inspirieren zu lassen. Es tut mir leid, dass ich mich so negativ äußere, aber angesichts des ökologischen Wandels sollte das Fahrrad als umweltfreundliches Verkehrsmittel gefördert werden.
Für Jena wünsche ich mir eine verbesserte Fahrrad-Infrastruktur.
Nach der Arbeit finden wir Sie…?
Auf meinem Fahrrad bei einer Radtour durch Jena. Nach meinem ersten Jahr in Jena kam ich in Kontakt mit der sehr netten selbstorganisierten Gruppe von Radfahrbegeisterten „Schleudergang“ (oder SLDRGNG), die sich zweimal wöchentlich zu einer Tour durch die Landschaft rund um Jena trifft und der ich mich nun jede Woche nach der Arbeit anschließe. Das war und ist für mich eine sehr schöne Möglichkeit, mich in Jena zu integrieren, die Umgebung kennenzulernen und Freunde zu finden, mit denen ich an den Wochenenden Rad fahren kann.
Sie arbeiten in einem Forschungsinstitut. Was machen Sie da? Gibt es etwas Besonderes, das sich von anderen Stellen unterscheidet, an denen Sie gearbeitet haben? Wie sieht die Forschungslandschaft in Jena aus?
Ich arbeite im Leibniz-HKI. Nach einer zweijährigen Postdoc-Phase habe ich 2020 meine unabhängige Nachwuchsgruppe Adaptive Pathogenitätsstrategien gegründet, nachdem ich von der Deutschen Forschungsgemeinschaft im Emmy Noether-Programm gefördert wurde. Die Forschung meiner Gruppe konzentriert sich auf die Erforschung der Infektionsbiologie opportunistischer pathogener Pilze, passend zu einem der beiden Themenbereiche der Leibniz-HKI. Diese „opportunistischen pathogenen Pilze“ sind Pilze, die Teil unserer normalen Gemeinschaft von Mikroorganismen (auch Mikrobiom genannt) sind, die wir als Menschen mit uns tragen (wir nennen sie Kommensalen). Andere Pilze spielen eine wichtige Rolle in der Umwelt, indem sie abgestorbene Pflanzen zersetzen. Sowohl die Umweltpilze als auch die Kommensalen verursachen normalerweise nur sehr selten Krankheiten, es sei denn, unsere nützliche mikrobielle Flora ist gestört und unser Immunsystem geschwächt.
Die Vielzahl der Jenaer Forschungsinstitute ermöglicht eine starke lokale Kooperation zu den verschiedenen Forschungsschwerpunkten.
Im Leibniz-HKI konzentriert sich die eine Hälfte des Instituts auf die Infektionsbiologie, die andere Hälfte auf die Naturstoffforschung. Die Arbeit in einem Institut mit einer solch hohen Anzahl an Mitarbeitenden, die am gleichen Thema forscht, bietet die wertvolle Möglichkeit vieler lokaler, enger Kooperationen auf dem Forschungsgebiet. Darüber hinaus ist die Möglichkeit der Zusammenarbeit mit Systembiologen bei der Mikroskopie-Bildverarbeitung und der bioinformatischen Analyse großer „Omics“-Datensätze äußerst wertvoll. Durch den weltweit renommierten Namen des Leibniz-HKI verfügen wir natürlich auch über ein starkes internationales Netzwerk und hervorragende Kooperationen. Ein weiterer Aspekt ist, dass es in Jena viele Forschungsinstitute mit unterschiedlichen Forschungsschwerpunkten gibt. Das bietet die Möglichkeit einer starken lokalen Zusammenarbeit, die jeweils aus unterschiedlichen fachlichen Schwerpunkten kommt. So arbeiten wir beispielsweise eng mit dem Leibniz-Institut für Photonische Technologien auf dem Gebiet der hochauflösenden Mikroskopie zusammen und mit dem Universitätsklinikum Jena kooperieren wir bei hochmodernen Organ-on-Chip-Modellen, die menschliches Gewebe nachbilden und als wichtiger Ersatz für Tierversuche in der Infektionsbiologie gelten.
Mit „Jena“ verbinde ich wunderschöne Natur, abergläubische Studierende und viele nette Open-Air-Bars.
Zu guter Letzt noch drei kurze Fragen:
- Wenn Sie sich erinnern – was war das erste, was Ihnen in oder an Jena aufgefallen ist?
Dass Jena in einem sehr grünen Tal liegt, das von Kalksteinfelsen umgeben ist. In den Niederlanden kann man normalerweise einen weit entfernten Horizont sehen, weil das Land meistens flach ist. Die zweite Sache ist, dass die Stadt sehr jung ist, mit vielen Studenten und Familien, die an sonnigen Tagen durch das Stadtzentrum und die Parks laufen.
- Was ist für Sie typisch deutsch oder typisch Jena?
Typisch Jena sind für mich der Aberglaube und die Gewohnheiten, die für Studenten gelten. Zum Beispiel, dass es nicht schlau ist, als Student durch das Johannistor zu laufen, weil man sonst durch die Prüfung fällt. Oder dass man den Hanfried an der Seite des Buches passieren muss, nicht am Schwert. Ein anderes Beispiel ist das Werfen des Kranzes über Hanfrieds Schwert nach einer erfolgreichen Disputation.
- Und was ist Ihr Lieblingsplatz in der Stadt?
Da gibt es viele! Einer meiner Lieblingsplätze ist der Windknollen, hier kann man unabhängig von der Jahreszeit schön in der Natur spazieren gehen. Oder man kann zum Fuchsturm wandern oder radeln, um einen sehr schönen Blick auf die Stadt zu bekommen. Für den besten Blick auf Jena empfehle ich die Saale Horizontale vom Fürstenbrunnen bis zu den Kernbergen. Nach diesen sportlichen Ausflügen kann man im Sommer in viele der netten Open-Air-Bars wie „Strand 22“ und „Daheme im Garten“ gehen.
Vielen Dank für das interessante Interview und alles Gute weiterhin für Sie!