News // 25.05.2022
Ein Interview mit Matthias Unterreitmeier
Ursprünglich studierte Matthias Unterreitmeier Jura, hat das Studium jedoch nie beendet. Den Tag seiner Exmatrikulation nach zehn Jahren und wechselnden Fächern bezeichnete er im Gespräch als “einen der glücklichsten meines Lebens”. Seit 2007 leitet er das Café Schillerhof, das schon ganze zehn Jahre die Bands der kulturarena mit warmen Speisen versorgt, damit sie nicht mit leerem Magen auf die Bühne müssen.
Wie kam es, dass der Schillerhof das warme Catering für die kulturarena übernommen hat?
Ich bin kein gelernter Gastronom. Neben meinem Studium habe ich in den verschiedensten Branchen gejobbt. Ich war Eisverkäufer, arbeitete auf dem Bau, saß an Supermarktkassen und war auch als Aufbauhelfer bei der kulturarena tätig. Daher kannte ich die meisten Leute schon und war einige Jahre mit dabei. Eines Tages wurde nach einem neuen Catering-Konzept für die Künstler gesucht und da hat mich Heike Faude angesprochen, ob ich Interesse hätte, mich zu bewerben.
Das heißt, die Verbindung zur kulturarena bestand vor deinem Schritt in die Gastronomie und eines Tages kam es zur Zusammenarbeit?
Genau. Das läuft jedes Jahr über eine Ausschreibung. Wir sind damals 2012 gerade ins Catering-Business gestartet und haben gedacht, dass es spannend wäre, für so viele Menschen aus verschiedenen Ländern mit verschiedenen Bedürfnissen zu kochen. Also haben wir uns beworben und sind schließlich genommen worden.
Gebt ihr vor, was gegessen wird, oder ergibt sich das aus den Ridern der Künstlerinnen und Künstler?
Sowohl als auch. In den Ridern steht meist: eine warme Mahlzeit, die bestimmte Komponenten beinhalten soll. Zum Beispiel Fleisch, Fisch und Gemüse oder komplett vegetarisch oder vegan. Jedes Jahr, wenn wir an der Ausschreibung teilnehmen, konzipieren wir eine Art Buffet, das immer Fleisch, Fisch, Gemüse und Beilagen enthält und meist noch eine Suppe. Das ist dann aber so flexibel ausgelegt, dass man auf spezielle Bedürfnisse reagieren kann. Im Grunde genommen ist das jeden Tag dasselbe mit diversen Abwandlungen, wenn Unverträglichkeiten oder spezielle Bedürfnisse entstehen.
Ihr schaut also nicht vorher, woher die Bands kommen, um dann entsprechend nachzujustieren?
Das haben wir im ersten Jahr gemacht, aber da war der Aufwand zu hoch und es ist auch nicht rentabel, jeden Tag voll angepasst zu kochen. In ganz seltenen Fällen, wenn wir zum Beispiel eine Band persönlich schätzen, gibt es aber hin und wieder eine kleine Spaßeinheit dazu.
Wie könnte die aussehen?
Beispielsweise wenn eine bayrische Band da ist, gibt es mal eine Leberkässemmel dazu. Das ist dann so ein kleiner Spaß. Aber die bekommen auch das ganz normale Essen.
Du hast Allergien und Unverträglichkeiten schon angesprochen. Wie beeinflussen euch die?
Das nimmt in den letzten Jahren definitiv zu, ebenso wie Vegetarismus und Veganismus. Wir schaffen es aber immer, dass es am Ende etwas Ordentliches gibt. Nur ein einziges Mal habe ich bei Kristjan [Schmitt, Produktionsleiter] angerufen und direkt gefragt, was denn die betreffende Person überhaupt isst. Aber auch da haben wir am Ende eine Lösung gefunden.
Wie bekommt ihr mit, wie es den Leuten geschmeckt hat?
Das fragen wir sowohl beim internen Catering als auch bei den entsprechenden Leuten der kulturarena nach – das ist im Moment Anna Fuhlbrügge. Gelegentlich besuchen auch Leute aus unserem Team die kulturarena und wir freuen uns natürlich immer, wenn die Band auf der Bühne erwähnt, dass das Essen geschmeckt hat. Wir bekommen also schon Feedback und das ist im Normalfall positiv.
Gab es auch negatives Feedback?
Wir hatten einmal die Situation, dass eine Combo mit vielen Trommlern aus Südamerika angereist ist und es sich abzeichnete, dass das Fleisch knapp wird. Uns war nicht bewusst, dass das alles sehr drahtige junge Männer im Alter von 20 oder 25 Jahren waren, die einen entsprechenden Hunger mitbrachten. Das war aber auch kein Problem, da haben wir einfach Fleisch nachgeliefert. Ansonsten gab es nie negatives Feedback. Deshalb funktioniert die Zusammenarbeit mit der kulturarena seit mittlerweile zehn Jahren auch so gut, weil alle Seiten zufrieden sind.
Ist es anders für Bands zu kochen als zum Beispiel für eine Familienfeier?
Bei einer Familienfeier trifft man direkt auf die Menschen, die man beliefert. Das ist bei den Künstlern selten der Fall. Wenn wir mit dem Essen kommen, sind die meist schon auf ihren Auftritt fokussiert. Ein, zwei Mal hatten wir aber durchaus fast schon engen Kontakt zur Band. Bei AnnenMayKantereit war es so, dass damals eine junge Köchin bei uns gearbeitet hat, die unbedingt zum Konzert gehen wollte. Leider war das wegen des Dienstplans absolut nicht möglich. Da hat sie für die Band kleine Zettelchen auf die Warmhaltebehälter geschrieben, dass sie nicht kommen kann und deshalb sehr traurig ist. Der Sänger hat dann seine Bandkollegen aufgefordert, ihr einen Gruß auf eine Karte zu schreiben. Und von der Bühne hat er nochmal die Anni gegrüßt, die gerade im Schillerhof in der Küche steht. Als sie das hörte, hatte sie Tränen in den Augen.
Wie oft bist du selbst in der kulturarena?
Ich liefere etwa in 50 % der Fälle, ansonsten übernehmen das Kollegen. Ich versuche, möglichst häufig vor Ort zu sein, um auch mit den entsprechenden Mitarbeitern vor Ort in Kontakt zu bleiben. So bekomme ich immer etwas vom Soundcheck mit und weiß dann grob, was am Abend passieren wird. Da kommt es schon vor, dass mich beim Soundcheck jemand so beeindruckt, dass ich am Abend ins Konzert gehe, oder die Bands weiterempfehle.
Du bist also auch privat Gast in der kulturarena?
Das ist in der Sommersaison immer nicht ganz so leicht. Für dieses Jahr habe ich tatsächlich schon relativ viele Karten, weil das Lineup für mich sehr interessant ist.
Ich habe jetzt schon Tickets für dicht + ergreifend, Meute und besorge mir gerade noch welche für Banda Communale aus Dresden. Da spielt ein Freund von mir Schlagzeug
Gab es auch Momente, in denen du gedacht hast: “Wow, für den oder die mache ich das Catering?”
Das war beispielsweise bei Fat Freddy’s Drop so. Es ist generell immer etwas Besonderes, für internationale Künstler zu kochen. Ich freue mich auch über das Drumherum. dicht + ergreifend waren schon einmal da und mit denen habe ich nett geschwatzt und im Anschluss ans Konzert auch noch ein Bier getrunken. Ähnlich war es bei Meute. Da war ich selbst beim Konzert und später noch am Weinstand. Da kamen die Jungs vorbei und haben mit uns angestoßen. Man freut sich immer, wenn man von der Band direkt ein Feedback bekommt.
Die Arbeit für die kulturarena ist sehr familiär, weil die Strukturen über lange Zeit gewachsen sind und es ist einfach schön, in gewisser Form dort mitzuwirken.
Das hört man immer wieder.
Die kulturarena definiert Jena schon sehr stark im kulturellen Bereich. Es ist das Highlight im Sommer, das absolut heraussticht. Für mich als alter Lokalpatriot ist es natürlich schön, ein Teil davon zu sein.
Hinter diesem spannenden Interview steckt Florian Ernst:
30 Jahre kulturarena – gemeinsam mit Friedrich Herrmann genieße ich ein Privileg, das sonst der „Sendung mit der Maus“ vorbehalten ist und darf hinter die Kulissen blicken. Ich freue mich auf die Eindrücke und darauf, sie zu teilen.