Seit dem Jahre 1993 gibt es im Freistaat Thüringen eine sog. „Richtlinie über die Gewährung von Zinsbeihilfen zur Finanzierung von Beiträgen nach § 7 des Thüringer Kommunalabgabengesetzes (ThürKAG) und von Erschließungsbeiträgen nach dem Baugesetzbuch (BauGB)“ – früher auch „Zinszuschussbeihilfe“ genannt . Jetzt gibt es Signale aus dem Thüringer Innenministerium, dass diese finanzielle Zuwendung für beitragspflichtige Grundstückseigentümer im Freistaat nach knapp 25 Jahren wieder abgeschafft werden soll. Der Grund ist einfach: mit der Änderung des § 7 b Abs. 2 des ThürKAG sind die von Beitragspflichtigen bei Ratenzahlungen zu entrichtenden Zinsen so niedrig geworden, dass eine Entlastung nicht mehr nötig erscheint.
Im Einzelnen:
1993 wurde in Thüringen die Einführung einer sog. „Zinsbeihilfe“ zur Finanzierung von Straßen(aus)baubeiträgen nach dem Thüringer Kommunalabgabengesetz diskutiert und gegen Ende des Jahres von der damaligen Landesregierung auf den Weg gebracht. Hilfreich waren dabei die im Dezember 1993 veröffentlichte Richtlinie des Innenministeriums zur Anwendung der Zinsbeihilfe ab dem Jahre 1994, die schließlich im Thüringer Staatsanzeiger Nr. 31/1994 präzisiert und 1995 vom Landesverwaltungsamt in Weimar (TLVwA) vereinfacht dargestellt den Städten und Gemeinden in Thüringen zur Kenntnis gegeben wurde.
Zu diesem Zeitpunkt hatte die Stadt Jena ihren nach dem ThürKAG beitragspflichtigen Grundstückseigentümern (z. B. in der Max-Gräfe-Gasse und Am Heiligenberg in Zwätzen, der Geleitstraße in Burgau oder der Edelhofgasse und Turmgasse in Ziegenhain), welche mit der Stadt eine Ratenzahlung ihres Straßenbeitrags vereinbart hatten, die Zinsbeihilfe bereits gewährt. In 1995, dem ersten Jahr der Gewährung der Zinsbeihilfe für Beitragspflichtige der Stadt Jena durch den Freistaat, wurden diesen bereits mehr als 8.000 DM Zinskosten erstattet.
1998 wurde die Zinsbeihilfe in Thüringen überarbeitet und auf die Zahlung von Erschließungsbeiträgen nach dem Baugesetzbuch erweitert; Bedingung war allerdings, dass der / die Beitragspflichtige ihren Wohnsitz im Freistaat Thüringen haben musste/n. Zinsbeihilfen sind eine Art Förderprogramm des Landes Thüringen und werden seit einigen Jahren jeweils für einen Zwei-Jahres-Zeitraum gewährt, wobei die Abteilung Beiträge des Kommunalservice Jena (KSJ) im Bereich der Stadt Jena für die Ausreichung, Entgegenahme und Bearbeitung der – Fördermittelanträgen prinzipiell vergleichbaren – Anträge auf Zinsbeihilfe zuständig ist, diese an das TLVwA weitergereicht werden, dort zu prüfen und ggf. zu gewähren sind. Das Thüringer Landesverwaltungsamt erteilt der Stadt Jena schließlich einen Zinsbeihilfebescheid, sendet diesen dem Kommunalservice zu und das Geld wird (nach einer Prüfung durch das Rechnungsprüfungsamt) zweckbestimmt verwendet.
In den letzten zehn Jahren (= 2008 bis 2017) wurden auf diese Weise beispielsweise die Beitragspflichtigen in Jena durch die Thüringer Landesregierung um knapp 100.000 Euro ihrer Zinslast bei Ratenzahlungen nach dem ThürKAG und dem BauGB entlastet. Zum Vergleich: in diesem Zeitraum hat die Stadt Jena rund 6,2 Mio. Euro an Erschließungs- und Straßenbaubeiträgen eingenommen – davon zwischen 2013 und 2017 rund 4,4 Mio. Euro.
Die Beantragung, Berechnung und Gewährung von Zinsbeihilfen ist jedoch immer mit einem hohen bürokratischen Aufwand verbunden und dieser soll nun möglicherweise ab 2018 entfallen. Der Grund für die derzeit diskutierte Abschaffung der Zinsbeihilfe liegt in der Änderung des § 7 b Abs. 2 des ThürKAG zur Stundung von einmaligen Beiträgen in diesem Sommer. Hieß es dort früher bezüglich der Stundung von Beiträgen
„Die Höhe und der Zeitpunkt der Fälligkeit der Jahresraten wird durch Bescheid festgelegt. Der jeweilige Restbetrag ist mit höchstens sechs vom Hundert jährlich zu verzinsen.“
so lautet der Gesetzestext nun
„Die Höhe und der Zeitpunkt der Fälligkeit der Jahresraten wird durch Bescheid festgelegt. Der jeweilige Restbetrag ist mit einem Zwölftel des Basiszinssatzes nach § 247 des Bürgerlichen Gesetzbuches zuzüglich 0,1 Prozentpunkten für jeden vollen Monat zu verzinsen.“
Der hierbei angesprochene Basiszinssatz liegt (mit Stand: 15.11.2017) nicht mehr bei 6 % bzw. nach § 247 BGB bei 3,62 % jährlich sondern seit dem 01.01.2017 bei minus 0,88 %. Damit Kommunen bei der Vereinbarung von Ratenzahlungen aber wegen der Minuszinsen nicht noch Geld an die Beitragspflichtigen auszahlen müssen, werden über die monatliche „0,1%“-Regelung insgesamt 1,2 % jährlich „aufgesattelt“ was (minus 0,88 % + 1,2 % =) 0,32 % an jährlichen Stundungszinsen ergibt.
Die Bedenken bezüglich einer Weiterführung der Zinsbeihilfe sind damit absolut nachvollziehbar, hat ein Beitragspflichtiger in Jena doch damit aktuell bei einer vierjährigen Ratenzahlung eines Straßenbaubeitrags von beispielsweise 10.000 Euro insgesamt nur 10.128 Euro zu zahlen, wenn er ihn in eine 48-monatige Ratenzahlung umwandeln lassen kann. Diese 128 Euro an Zinsbeihilfe könnte damit in Zukunft entfallen, jedenfalls wenn die Thüringische Landesregierung die seit 1993 bestehende Regelung mit dem 01.01.2018 fallen lassen sollte. / RS