Mehr Respekt für Denkmale und Kunst im öffentlichen Raum
Frühlingsluft und die ersten warmen Sonnenstrahlen lassen jedermanns Herz höher schlagen. Jetzt kann es endlich wieder richtig hinaus in die Natur gehen. Leider beginnt auch damit wieder die Zeit von zunehmendem Vandalismus, Graffitibeschmierungen und Zerstörungswut gegenüber Denkmalen und Kunst im öffentlichen Raum. Die Tendenz ist seit Jahren steigend, der Respekt und das Wissen um gemeinschaftliche Werte und öffentliche Kulturgüter scheinbar immer geringer.
JenaKultur stellt jährlich eine Summe von ca. 15.000 – 20.000 Euro für die Beseitigung und Prävention von Vandalismusschäden in das Budget für die Verwaltung und Pflege von Denkmalen und Kunst im öffentlichen Raum ein. Auf den ersten Blick scheint das viel Geld zu sein. Ist es aber nicht. Im Gegenteil. Es reicht längst nicht mehr aus, um alle Schäden tatsächlich ausreichend und zeitnah zu beheben.
Im letzten Jahr wurden 17.000 Euro ausgegeben, allen voran für das Ernst-Abbe-Denkmal, das Hanfried-Denkmal und das Ehrenmal am Friedensberg. Auch dieses Jahr ist bereits kostenintensiv gestartet. So mussten am Friedensbergdenkmal für den ersten Reinigungs- und Pflegegang sieben Stunden Arbeitszeit und ca. 2.300 Euro aufgewendet werden, um alles an Müll, Verunreinigungen und Glasschutt grundhaft zu beräumen. Damit ist ein Großteil der für dieses Denkmal im ganzen Jahr eingeplanten Reinigungskosten bereits in den ersten beiden Frühlingsmonaten aufgebraucht.
Zahlreiche Beispiele verdeutlichen die Brisanz
Eine Vielzahl an Plastiken sowie Installationen in der Innenstadt und in Lobeda sind beschmiert und müssen gereinigt und konserviert werden. Ein Beispiel ist die Betonplastik der „Großen Sitzenden“ von Karl-Heinz Appelt vor dem Stadtteilzentrum in Lobeda-West. Die drei marmornen Moiren der Künstlerin Anne-Katrin Altwein auf der Grünfläche hinter dem Paradiesbahnhof in der Oberaue sind dauerhaftes Beispiel für sinnlose Zerstörung und Beschmierung (siehe Bild oben).
Auch die Beräumung der von Promovenden der Universität Jena geworfenen Kränze am Hanfried-Denkmal ist ein Dauerthema. Tradition hin oder her. Fakt ist, dass die sich ansammelnden verwesenden Pflanzen auf Dauer schädlich für die Bronzeskulptur des Universitätsgründers sind. Sie müssen mit permanentem Aufwand und dauerhaften Kosten entfernt werden, mal ganz abgesehen von möglichen Folgeschäden beim Beklettern dieses Denkmals. Es sei dabei nur an das abgebrochene Schwert vor 3 Jahren erinnert.
Ziel von Vandalismus ist auch immer wieder das Ernst-Abbe-Denkmal. Man möchte meinen, der Physiker, Sozialreformer und Unternehmer Ernst Abbe sei als einer der Mitbegründer der inzwischen weltberühmten zeiss-Werke neben Carl zeiss hinlänglich in dieser Stadt bekannt und sein Denkmal respektiert und geachtet. Aber weit gefehlt. Das permanente Ausmaß an Beschmierungen und Verunreinigungen von Fassaden, Türen und Außenflächen, ganz zu schweigen vom Missbrauch als Urinal, können nur auf tiefster Unkenntnis und mangelndem Wissen beruhen. Anders ist diese Ignoranz nicht zu erklären. Jedenfalls kosten die Aufwendungen für Reinigungen, Graffitientfernungen und prophylaktischen Maßnahmen im Jahr ca. 5.000 – 7.000 Euro. Erwogen wird jetzt die Einrichtung eines Parks mit einer dafür festzusetzenden Parkordnung als eventuell dauerhaft wirksame Lösung, die potentielle Schadensverursacher nicht nur fernhielte, sondern auch ordnungsrechtliche Möglichkeiten zum Eingreifen böte.
Auch das Denkmal auf dem Friedensberg bietet beständig einen ungepflegten unwürdigen Eindruck. Vandalismusschäden, Graffitibeschmierungen, Müll, Glasscherben und Reste von Lagerfeuern prägen das Bild. Die ursprüngliche Nutzung des bei seiner Errichtung von 1926 bis 1929 als offizielle Gedenkstätte eines Ehrenhains für die Gefallenen des Ersten Weltkriegs und 1949 mit der Umwidmung als Friedensmal konnotierten Denkmals wird von der Öffentlichkeit nicht mehr wahrgenommen. Die einstige Bedeutung weiß heute kaum jemand noch. Missachtung, Desinteresse und grober Umgang, darüber hinaus auch Missbrauch durch politische Aktionen sind die Folge, und machen das Denkmal zum Ärgernis für Anwohner und Besucher. Selbstverständlich wird das Denkmal in regelmäßigen Abständen gärtnerisch gepflegt und gereinigt. Dazu zählen der Rückschnitt von Bäumen, Wildwuchs und Grünflächen sowie die monatliche Bereinigung von Müll, Scherben und sonstigem Unrat. Auch die nicht selten sehr aufwändig zu betreibende Entfernung von Graffitibeschmierungen gehört zu den immer wiederkehrenden Pflichten. Dies reicht aber leider bei Weitem nicht aus und die Bemühungen geraten mehr und mehr zu einer Sisyphos-Aufgabe.
Beim Friedensbergdenkmal ist es tatsächlich Zeit für ein Umdenken und möglicherweise einen anderen Umgang mit diesem Ort. Die Öffnung für alternative kulturelle Nutzungen, wie Theateraufführungen und temporäre Kunstausstellungen, scheinen ein erfolgreiches Modell zu sein, um die Akzeptanz des Denkmals vor allem bei jüngeren Nutzern zu erhöhen. Gleichzeitig ist die beständige Einbeziehung breiter Bevölkerungsteile in die öffentliche Diskussion ein wichtiger Schritt. So fand am Volkstrauertag im November 2017 eine öffentliche Podiumsdiskussion zum Kriegsgedenken anlässlich der Vorbereitungen zum 100. Jahrestag der Beendigung des Ersten Weltkrieges statt, in deren Fokus das Friedenbergdenkmal und seine künftige Nutzung stand. 2018 beging die Stadt dann diesen Jahrestag mit verschiedenen Aktionen und Veranstaltungen, bei welchem im November das deutsch-französische Weekend „Von Feinden zu Freunden. Ein europäisches Erinnerungsmosaik“ im Mittelpunkt stand. Kernpunkte dieses Wochenendes bildeten der Tag der Stadtgeschichte sowie ein europäisches Theaterevent mit deutschen, französischen und ukrainischen Laiendarstellern auf dem Friedensberg. In diesem und im nächsten Jahr findet nun ein künstlerisches Projekt mit einem jungen Berliner Künstler statt, dessen Ziel es sein soll, eine dauerhafte künstlerische Intervention innerhalb der Denkmalsanlage zu errichten, die auf subtile Weise für die ästhetische und historisch vielschichtige Dimension des Ortes sensibilisiert und zu einer verstärkten Akzeptanz und einem respektvolleren Umgang mit dem Friedensberg als Gesamtensemble führen soll. Das Vorhaben scheint sehr vielversprechend zu sein, bindet es doch über zwei Jahre hinweg verschiedene Akteure und Interessengruppen, vor allem auch wieder junge Nutzer, in einen öffentlichen Kommunikationsprozess rund um das Denkmal mit ein.
Mehr Aufklärung (und mehr Bildung??) scheint generell der richtige Weg zur Eindämmung von Vandalismus und Zerstörungswut an Denkmal- und Kunstobjekten im öffentlichen Raum zu sein. Doch wo beginnt diese und wer ist dafür verantwortlich? Eins jedenfalls hilft perspektivisch gesehen definitiv nicht allein: mehr Geld.
Evelyn Halm, JenaKultur, Projektmanagement Denkmal- und Kunstförderung