I.II Rektor der Universität
Eduard Rosenthal wird im Wintersemester 1899/1900 und im Jahr 1913/14 vom Senat der Universität zum Rektor der Universität gewählt. Über die Zeit des ersten Rektorats von Rosenthal ist wenig überliefert. Seine Amtszeit von 1913/1914 hingegen ist vergleichsweise gut dokumentiert. Sein ausgeprägtes Interesse für Kunst, Musik und Kultur weiß Rosenthal demnach auch in seinen öffentlichen Auftritten zu präsentieren und gewinnbringend für die Universität einzusetzen. So berichtet das Jenaer Volksblatt vom 8. Juni 1913 über die Begrüßungsrede Eduard Rosenthals zur 48. Versammlung des Allgemeinen Deutschen Musikvereins, an der unter anderen Max Reger und Richard Strauss teilnehmen. In seiner Ansprache betont der kulturell bewanderte Rosenthal, die Musik sei diejenige Kunst, die Menschen am stärksten verbinden, könne und die Professoren der Universität seien bestrebt, den ihnen anvertrauten Studierenden nicht nur eine Fachausbildung, sondern auch eine künstlerische Gesamtausbildung zu ermöglichen. Wir wollen ihnen die Gelegenheit bieten, gute Musik zu hören und an der fortschreitenden Entwicklung der Tonkunst genießend und mitwirkend teilzunehmen.
Am 21. Juni 1913 hält Rosenthal anlässlich der akademischen Preisverleihung an die Studierenden seine viel beachtete Rede »Der Wandel der Staatsaufgaben in der letzten Geschichtsperiode«. In ihr verbindet er die philosophischen Erkenntnisse von Immanuel Kant, Wilhelm von Humboldt und Adam Smith, die betonten, dass in jedem Menschen die Suche nach Lebensglück ihren Ursprung habe, mit der Aufgabe des Staates, die sozialen Verhältnisse menschenwürdig zu gestalten. In Zeiten scharfer Gegensätze, die durch die großindustriellen Entwicklungen hervorgerufen wurden, sind für Rosenthal Arbeiterschutz, Mindestlöhne und Krankenversicherung »markante Zeichen des neuen sozialen Staates«.
Fünf Monate später laden Clara und Eduard Rosenthal mit dem Prorektorenball zu einem ganz besonderen gesellschaftlichen Ereignis ein. Akademiker, Studenten, Industrielle, Verwaltungsbeamte, Künstler und deren Frauen oder Begleiterinnen versammeln sich im festlich geschmückten Volkshaus zu Geselligkeit und Tanz. Der Ball, zu dessen Finanzierung Rosenthal wohl auch in die eigene Brieftasche griff, wird noch mehr als ein Jahrzehnt später vom Historiker Alexander Cartellieri als »üppig« bezeichnet.
Auch nach seiner eigenen Amtszeit und lange nach der Wende vom 19. zum 20. Jahrhundert steht Rosenthal als prominenter Wissenschaftler und angesehener Jurist den Rektoren der Universität mit Rat und Tat zur Seite.
E. Rosenthal an Clemens Delbrück, 10.10.1913 Als Text lesen
E. Rosenthal an Clemens Delbrück, 10.10.1913
Jena, 10.10.1913
Excellenz,
Mit großer Freude nehme ich Ihre Aufforderung in die Kommission für die Rüstungslieferungen an. Mich persönlich wird es außerordentlich interessieren an den unter Ihrer Leitung gewiß sehr lehrreichen Beratungen teilzunehmen. Hoffentlich kann ich zur Erzielung eines befriedigenden Ergebnisses etwas beitragen. Auf jeden Fall betrachte ich es als eine Ehrung unserer Thüringer Hochschule, ihr eine Vertretung in dieser wichtigen Kommission zu erschließen, für die ich Ihnen aufrichtig dankbar bin. Hoffentlich fällt die erste Beratung nicht gerade […] auf den 15. November, an welchem Tag ich um ¾ 2 zum Rektorenball fahren müßte. Meine Frau, die freundlich grüßt, beauftragt mich zu fragen, ob es nicht für Ihr Fräulein Tochter einiges Interesse hätte, einmal außerhalb Berlins zu tanzen. Dann würde es für uns eine Freude sein, sie bei diesem Balle bei uns zu sehen.
- Mit den besten Empfehlungen für Ihre hochverehrten Damen Ihr aufrichtig ergebenster Eduard Rosenthal
Ansprache zur Begrüßung des Allgemeinen Deutschen Musikvereins, 05.06.1913 Als Text lesen
Ansprache zur Begrüßung des Allgemeinen Deutschen Musikvereins, 05.06.1913
Heute, wo das Wort Soziologie nicht nur in den Hörsälen, sondern auf den Gassen erklingt, heute erobert der Gemeinschaftsgedanke die Welt, und Sie können stolz sein, diesem als Jünger einer Kunstgattung, welche diese Mission ihrer Natur nach, besonders zu übernehmen hat, zu dienen. […] Unsere Hochschule hat namentlich durch ihre Beziehungen zum künstlerischen Weimar die Früchte mit genießen dürfen, die Sie durch die Gründung des Allgemeinen Deutschen Musikvereins gepflegt haben. Ich erinnere mich noch als alter Jenenser der Zeiten, als Franz Liszt mit seinem männlichen und weiblichen Gefolge zu dem alljährlichen Sommerkirchenkonzert herüber kam, und wie er auch den Jenensern die Erzeugnisse der neueren poetisierenden Richtung der Musik zugänglich machte. […] Die musikalische Bildung gehört zur Gesamtbildung des Menschen, und auch wir sind bestrebt, den uns anvertrauten zukünftigen Führern unseres Volkes nicht nur eine Fachausbildung, sondern auch eine künstlerische Gesamtausbildung zu ermöglichen. Wir wollen ihnen die Gelegenheit bieten, gute Musik zu hören und an der fortschreitenden Entwicklung der Tonkunst genießend und mitwirkend teilzunehmen.
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