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Sprachkenntnisse als <strong>schlüssel</strong> der Integration – JenaKultur-Blog
Allgemein Volkshochschule Jena

Sprachkenntnisse als schlüssel der Integration

Susanne Baldrich Portrait

Vorgestellt: Susanne Baldrich, Leitung Bereich Deutsch als Fremd- und Zweitsprache in der Volkshochschule Jena

Ein Interview von Dr. Angela Anding, Leiterin der vhs Jena

Seit Mai 2021 arbeitet Susanne Baldrich bei uns in der vhs und ist für den Bereich Deutsch als Fremdsprache / Zweitsprache verantwortlich. Wir meinen, dass es an der Zeit ist, diesen so wichtigen Teilbereich der vhs Jena vorzustellen. Schließlich ermöglichen Volkshochschulen als außerschulische Bildungseinrichtung mit öffentlichem Bildungsauftrag eine ganzheitliche und lebensbegleitende Bildung für alle. In diesem Sinne sind alle Volkshochschulen in Deutschland selbstverständlich auch der Integration von Menschen mit Migrationshintergrund verpflichtet und fördern mit ihrem vielfältigen Bildungsangebot die Teilhabe und den gesellschaftlichen Zusammenhalt. Diesem Bildungsauftrag kommt die Volkshochschule Jena (vhs) als Teil des kommunalen Eigenbetriebes JenaKultur täglich nach.

Unter dem Dach der Volkshochschule Jena bietet der Fachbereich Sprachen und Integration ein breites Angebot an Kursen für Deutsch als Fremd- und Zweitsprache für Menschen mit internationaler Geschichte an. Dabei sind wir sehr froh, dass diese Stelle nun endlich auch fest im Stellenplan der vhs verankert ist. Das war lange Jahre nicht so. So kam es zu häufigem Personalwechsel, und eine kontinuierliche Entwicklung und entsprechende Vernetzungsarbeit konnte sich trotz der hohen Nachfrage nicht einstellen. Das sind erfreulicherweise aber alte Befunde, denn seit der Mitarbeit von Susanne Baldrich haben sich bis heute die Anzahl der Kurse und der geleisteten Unterrichtseinheiten in etwa verdreifacht. Konzentrieren wir uns daher doch lieber auf die Gegenwart und befragen die Bereichsleiterin zu ihrer sehr erfolgreichen, kreativen und engagierten Tätigkeit. 

Von ihrem Arbeitsalltag und der Entwicklung des Bereiches „Deutsch als Fremd- und Zweitsprache“ erzählt uns heute Susanne Baldrich:

Liebe Frau Baldrich, wie sind Sie zu JenaKultur und der vhs Jena gekommen?

Bevor ich 2021 an der Volkshochschule Jena als Pädagogische Mitarbeiterin angefangen habe, war ich bereits 15 Jahre in unterschiedlichen Kontexten im Bereich Migration und Integration tätig. Mein Bachelor- und Masterstudium in Anglistik / Amerikanistik und Internationaler Auslandsgermanistik an den Universitäten Greifswald und Jena hat mir verdeutlicht, wie wichtig professioneller Sprachunterricht für eine erfolgreiche Integration ist. Als ausgebildete Lehrkraft für Deutsch als Fremd- und Zweitsprache habe ich Kinder, Jugendliche sowie Erwachsene aus verschiedenen Ländern mit unterschiedlichen Herkunftssprachen auf allen Sprachniveaus im In- und Ausland unterrichtet. Ich habe sowohl im universitären Bereich, im staatlichen Schuldienst, bei freien Bildungsträgern als auch ehrenamtlich in Vereinen gearbeitet. Meine ersten Unterrichtserfahrungen habe ich übrigens als Honorardozentin in einem Integrationskurs an der Volkshochschule in Stralsund gesammelt.

Das Unterrichten und der direkte Kontakt mit den Lernenden hat mir bewusst gemacht, wie wichtig passgenaue Angebote zum Deutschlernen für das Ankommen in Deutschland sind. Ich habe erlebt, wie Menschen durch eine Teilnahme an einem Deutschkurs und kulturellen Veranstaltungen ihre Deutschkenntnisse verbessern, neue Fähigkeiten erwerben und sich dadurch leichter in die Gesellschaft integrieren konnten.

Volkshochschulen verstehe ich als offene Bildungseinrichtungen, die adressatenspezifisch ausgerichtete Kursangebote realisieren, die nah an den Bedarfen und Bedürfnissen der Menschen vor Ort ansetzen. Diesen Grundgedanken fand ich persönlich sehr motivierend, und er entsprach meinem Bestreben, einer sinnstiftenden und gesellschaftsrelevanten Tätigkeit an der vhs Jena nachzugehen.

Ich freue mich sehr, seit 2 Jahren Teil der vhs Jena und JenaKultur zu sein und vor Ort integrationsfördernde Angebote zu etablieren.

Welche Angebote gibt es im Bereich Deutsch als Fremd- und Zweitsprache?

Die Volkshochschule Jena bietet Kurse für Deutsch als Fremd- und Zweitsprache vom Anfängerniveau A1 bis zum fortgeschrittenen Niveau C1 an. Die Lernstufen unserer Sprachkurse orientieren sich am Gemeinsamen Europäischen Referenzrahmen für Sprachen. Die Kurse stehen allen Interessierten offen, die die deutsche Sprache von Anfang an lernen oder ihre Sprachkenntnisse verbessern möchten. In jedem Semester werden sowohl allgemeine wie auch spezielle Deutschkurse angeboten, zum Beispiel Kurse für den Beruf (Bewerbungs- und Kommunikationstrainings), Prüfungsvorbereitungskurse für standardisierte Sprachprüfungen, Grammatik- und Konversationskurse oder Intensivkurse. Die Kurse finden am Vormittag und am Abend statt, online in der vhs.cloud und in Präsenz im Stadtzentrum sowie in den Stadtteilen Lobeda und Winzerla.

In Jena siedeln sich immer mehr Firmen an, die internationale Mitarbeitende beschäftigen. Daher bieten wir neben dem offenen Sprachkursangebot auch maßgeschneiderte Weiterbildungsformate als Inhouse-Schulungen für Jenaer Firmen an. Die Nachfrage nach passgenauen Schulungen steigt stetig. Das verwundert nicht. Sind doch laut Melderegister (mit Stand 31.12.2022) knapp 13% der Jenaer Bevölkerung Ausländer:innen. Wir meinen, auch das ist Wirtschaftsförderung pur und unser Beitrag, dem Fachkräftemangel zu begegnen. 

Welche besonderen Angebote haben Sie in den letzten Jahren initiiert?

Im Frühjahrssemester 2022 habe ich die neue Themenreihe „Deutsch im Alltag“ ins Leben gerufen. Hier lernen die Teilnehmenden, sich in verschiedenen Alltagssituationen besser sprachlich auszudrücken, z. B. in den Themen Kindergarten, Schule, medizinische Betreuung, Ausbildung oder Beruf. Sie bekommen Hintergrundwissen über die deutsche Kultur und Sprache in unterschiedlichen Settings und stärken somit ihre interkulturelle Kompetenz. Die Lernorte tragen entscheidend zum Erfolg dieser Kurse bei. Sie befinden sich optimaler Weise im unmittelbaren Lebensumfeld der Teilnehmenden und sind Teil lokaler Netzwerkstrukturen, zum Beispiel in Familienzentren oder Stadtteilbüros.

Im Herbstsemester 2023/2024 ist im Rahmen von „Deutsch im Alltag“ die mehrteilige Veranstaltungsreihe „Thüringen entdecken“ neu dazugekommen. „Thüringen entdecken“ soll zum Kennenlernen und Reflektieren über die neue Heimat Thüringen und Jena anregen. Im September wurde in der bis auf den letzten Platz gefüllten Winzerlaer Kirche in Kooperation mit dem Stadtteilbüro Winzerla und der Dietrich-Bonhoeffer Gemeinde Jena der Film „Bei den Kaffeepflückern in Brasilien“ von Gerald Backhaus gezeigt. Im anschließenden Podiumsgespräch wurden Fragen nach Migration, Identität, Kultur, die eigene Muttersprache und die Anerkennung in der Fremde behandelt. Neben dem Film konnte eine Ausstellung zur Migrationsgeschichte von Thüringen nach Brasilien besucht werden.

Im Oktober sind zwei Wanderkurse entlang der SaaleHorizontale und zu den sieben Wundern von Jena geplant. Die Teilnehmenden lernen verschiedene Wanderwege und Sehenswürdigkeiten rund um Jena kennen, um sich besser in der Stadt orientieren zu können und um vertraut(er) mit ihrem (neuen) Zuhause zu werden. Dadurch soll ihre Selbstständigkeit gefördert werden. Im November findet ein Kurs zur Thüringer Küche statt, in dem in einem Küchenstudio zusammen mit der Dozentin original Thüringer Klöße, Rouladen und Rotkraut gekocht werden.

Diese Kurse sind Dank der Förderung des Thüringer Ministeriums für Bildung, Jugend und Sport für die Teilnehmenden entgeltfrei und stellen somit ein besonders niedrigschwelliges Kursangebot dar. Sie öffnen insbesondere den Zugang für Menschen, die aufgrund ihres Aufenthaltsstatus nicht an geförderten Deutschkursen (wie Integrations- oder Berufssprachkursen) teilnehmen können und sich offene Deutschkurse finanziell nicht leisten können. Mir ist es wichtig, für alle Menschen, die in Jena leben und Deutsch lernen möchten, Angebote zu offerieren.

Im letzten Jahr haben wir zusätzlich parallel drei Erstorientierungskurse des BAMF (Bundesamt für Migration und Flüchtlinge) und zwei Alphabetisierungskurse für Geflüchtete im Landesprogramm „StartDeutsch“ in Kooperation mit dem Thüringer Volkshochschulverband durchgeführt. Auch diese Projektkurse haben deutlich zugenommen und verdeutlich einmal mehr den Wachstum des Bereiches Deutsch als Fremd- und Zweitsprache an der vhs Jena.

All diese Kurse wären jedoch ohne unsere Kursleitenden nicht möglich!

Ich bin sehr dankbar, mit so vielen engagierten Dozenten und Dozentinnen zusammen arbeiten zu dürfen, die sich für eine barrierearme Integration in Jena einsetzen und die deutsche Sprache auf vielen verschiedenen, kreativen und innovativen Wegen vermitteln.

Susanne Baldrich

Was wünschen Sie sich für die Zukunft? Wo sehen Sie den Bereich Deutsch als Fremd- und Zweitsprache an der vhs Jena in 10 Jahren?

Dass Sprache der schlüssel zur Integration ist, ist allgemein bekannt und wohl auch anerkannt. Daher wünsche ich mir, dass der Wert der Arbeit von allen Akteuren im Integrations- und Migrationsbereich anerkannt und indiskutabel ist. Für die Zukunft an der vhs wünsche ich mir, dass der Bereich Deutsch als Fremd- und Zweitsprache der Nachfrage nach offenen Deutschkursen stets nachkommen kann und weiterhin Ange­bote für alle Interessenten offenhält. Damit dies möglich ist, braucht es qualifizierte Kursleitende, die angemessen honoriert werden. Eine Honorarerhöhung ist dringend notwendig, um die Arbeit der freiberuflichen Honorarlehrkräfte zu würdigen und mit Lehrkräften im allgemeinen Bildungs- und Schuldienst gleichzustellen.

Und noch etwas fällt mir als Wunsch ein: Es ist uns gelungen, die Bundesfach­konferenz Sprachen des Deutschen Volkshochschulverbandes im November nach Jena ins Volkshaus zu holen. Es werden etwa 450 vhs-Mitarbeitende aus ganz Deutschland anreisen und sich an zwei Tagen mit den Herausforderungen und neuesten Entwicklungen im Bereich Sprachen und Integration beschäftigen. Diese Konferenz habe ich in der Vorbereitung eng begleitet und denke, dass ein ganz besonderes Programm entstanden ist. Dafür wünsche ich mir, dass alles so durchgeführt wird, wie wir es geplant haben und die vhs-Kolleg:innen voller Inspiration wieder in ihre Heimat-Volkshochschulen zurückfahren.

Das wünschen wir Ihnen und den Teilnehmenden auch! Wie immer am Ende eines Beitrages richten wir uns an Sie, liebe Leserinnen und Leser. Kennen Sie den Bereich von Frau Baldrich? Oder kennen Sie jemanden, den Sie diese Angebote ans Herz legen wollen? Nur zu, wir freuen uns über Feedback und Empfehlungen!

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