Familiennachzug zu Geflüchteten
Für Geflüchtete sind die Regelungen zum Familiennachzug von besonderem Interesse. Oft können Familien die Flucht nicht gemeinsam antreten oder werden auf ihrem Weg getrennt.
Ob und wann Ihre Familienangehörigen nachziehen dürfen, ist wesentlich von der Schutzform abhängig, die Ihnen gewährt wird. Von einigen der allgemeinen Voraussetzungen für Familienzuzug kann für Menschen auf der Flucht abgesehen werden.
Familiennachzug mit aufenthaltserlaubnis
Asylberechtigte und anerkannte Flüchtlinge haben das Recht auf privilegierten Familiennachzug. Sie sind in den grundsätzlichen Bestimmungen zum Familiennachzug gleichgestellt.
Subsidiär Schutzberechtigte haben keinen Rechtsanspruch auf Familiennachzug. Die Behörden in Deutschland entscheiden aufgrund humanitärer Gründe (familiäre Trennung, Erkrankung, konkrete Gefahr im Ausland), ob der Familiennachzug erlaubt werden kann. Der Nachzug ist auf 1000 Personen pro Monat begrenzt. Einen Antrag können ausschließlich Ehepartner und minderjährige Kinder sowie Eltern minderjähriger Geflüchteter stellen. Ausgeschlossen ist der Familiennachzug, wenn die Ehe erst nach der Flucht aus dem Herkunftsland geschlossen wurde. Gleiches gilt, wenn das subsidiär schutzberechtigte Familienmitglied schwerwiegende Straftaten begangen hat.
National Schutzberechtigte, also Personen mit einem Abschiebungsverbot, sind vom Familiennachzug ausgeschlossen. Nur im Ausnahmefall können Angehörige eine aufenthaltserlaubnis aus völkerrechtlichen oder humanitären Gründen oder zur Wahrung politischer Interessen der Bundesrepublik Deutschland bekommen.
Voraussetzungen
Grundsätzlich nachziehen dürfen volljährige Ehepartner bzw. Ehepartnerinnen, sofern Sie selbst volljährig sind, sowie minderjährige, unverheiratete Kinder, Adoptiv- und Stiefkinder.
Anderen Familienangehörigen ist der Nachzug nur bei Vorliegen einer außergewöhnlicher Härte erlaubt. Es handelt sich dann um eine Ermessensentscheidung.
Ihre Angehörigen müssen die Passpflicht erfüllen. Darüber hinaus unterliegen Ihre Familienmitglieder denselben Bestimmungen wie Sie als Stammberechtigter.
Ausnahmeregelungen
Von anderen Voraussetzungen, die Bürger aus Drittstaaten für einen Familienzuzug grundsätzlich erfüllen müssen, wird im Fall von Geflüchteten oft abgesehen.
Nachziehende müssen keine einfachen Kenntnisse der deutschen Sprache vorweisen. Für Ihren Ehepartner bzw. Ihre Ehepartnerin gilt die Ausnahme nur, wenn Sie bereits verheiratet waren ehe Sie nach Deutschland kamen.
Sie müssen weder den eigenen Lebensunterhalt noch den Ihrer Angehörigen sichern können, wenn Sie nachweisen, dass Sie sich um Arbeit bemüht haben. Die Versorgung Ihrer Angehörigen fällt in die SGB II-Gesetzgebung.
Sie müssen keinen ausreichend großen Wohnraum für Ihre Familie zur Verfügung stellen, wenn Sie nachweisen, dass Sie sich um eine entsprechende Wohnung bemüht haben.
Familiennachzug zu einem Kind
Wenn Sie selbst minderjährig sind und sich kein sorgeberechtigter Erwachsener mit Ihnen in Deutschland aufhält, hat ein Sorgeberechtigter Anspruch auf Nachzug. Ob ausreichend Wohnraum zur Verfügung steht oder der Lebensunterhalt gesichert ist, spielt dabei keine Rolle.
Die Einreise des sorgeberechtigten Erwachsenen muss erfolgen, solange Sie minderjährig sind. Das Aufenthaltsrecht des Erwachsenen besteht nur so lange, bis Sie selbst das 18. Lebensjahr erreichen.
Familiennachzug mit Duldung
Eine Duldung ist kein Aufenthaltstitel, sondern die Erlaubnis zum vorübergehenden Aufenthalt. Weil die Ausreisepflicht weiterhin besteht, sind Menschen mit Duldung vom Familiennachzug ausgeschlossen.
Familiennachzug beantragen
Der Familiennachzug kann grundsätzlich erst dann erfolgen, wenn das Asylverfahren positiv abgeschlossen ist. Sie müssen den Antrag dann innerhalb von 3 Monaten bei der örtlich zuständigen Ausländerbehörde stellen.
Ihre Angehörigen beantragen ein Visum zwecks Familiennachzug bei der deutschen Auslandsvertretung in ihrem Herkunftsland bzw. dem Land, in dem sie sich aktuell aufhalten. Wenn Sie zuvor den Antrag auf Nachzug in Deutschland stellen, kann das den Ablauf beschleunigen.
Geben Sie deshalb in Ihrem Antrag Namen und Geburtsdaten und aktuellen Aufenthaltsort der Nachziehenden an und reichen Sie vollständige Kopien der Personenstandsurkunden ein. Sämtliche Nachweise sollten in Ihrer Sprache sowie als Übersetzung vorliegen.
Für einen Familiennachzug von Menschen aus Syrien liegt eine Globalzustimmung vor. Das Visum für Angehörige wird ohne die Zustimmung der Ausländerbehörde erteilt.
Ein Antrag auf Familiennachzug führt dazu, dass die Ausländerbehörde das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) um Prüfung bittet, ob Ihr Schutz widerrufen werden kann oder sonstige Ausweisungsgründe vorliegen. Nur wenn das nicht der Fall ist, kann die Ausländerbehörde dem Familiennachzug zustimmen.
Ihre Angehörigen dürfen nur dann nachreisen, wenn sie keine Straftaten begangen haben, deretwegen ihnen kein Asyl gewährt werden könnte.
Es darf kein Einreise- oder Aufenthaltsverbot in Deutschland gegen Ihre Angehörigen vorliegen. Ein Antrag auf Aufhebung oder Fristverkürzung muss bei der Ausländerbehörde gestellt werden, die das Verbot ausgesprochen hat.
Die Aufhebung ist zur Wahrung schutzwürdiger Belange möglich. Bedingung ist oft die Kostenerstattung der vorherigen Abschiebung.
Einreise über sichere Drittstaaten
Laut Dublin-III-Verordnung wird der Familiennachzug auch dann möglich, wenn sich ein Angehöriger bereits zu dem Zeitpunkt in einem Mitgliedsstaat der EU bzw. des EWR aufhält, zu dem Sie als Stammberechtigter nach Deutschland einreisen.
Es liegt dann im Ermessen der Ausländerbehörde, ob Sie für den Familiennachzug über genug Wohnraum verfügen und den Lebensunterhalt selbständig sichern müssen. Dabei wird immer geprüft, ob auch ein gemeinsames Leben im Drittstaat möglich ist.
Familienasyl
Wenn Ihre Angehörigen bereits mit Ihnen in Deutschland sind, können Sie Familienasyl beantragen. Wenn Ihnen als Stammberechtigtem ein unanfechtbarer Schutz gewährt wurde, erhalten Ihre Familienangehörigen ebenfalls Asyl und damit einen Flüchtlingspass.
Familienasyl kann nicht gewährt werden, wenn ein nationales Abschiebungsverbot festgestellt wurde.
Im Hinblick auf Familienasyl zählen als Familienmitglied
- Ihr Partner bzw Ihre Partnerin in Ehe und eingetragener Lebensgemeinschaft, wenn die Ehe bzw. Lebensgemeinschaft bereits im Herkunftsland Bestand hatte. Der Asylantrag muss vor oder gleichzeitig mit Ihrem Antrag, jedoch in jedem Fall unverzüglich nach der Einreise gestellt worden sein.
- Ihre minderjährigen, ledigen Kinder.
- Ihre Eltern oder andere Erwachsene, die für Sie sorgeberechtigt sind. Dies gilt nur, sofern Sie selbst minderjährig und ledig sind. Ihre minderjährigen, ledigen Geschwister, wenn Sie selbst minderjährig sind.
In Deutschland geborene Kinder
Familienasyl kann auch für Kinder beantragt werden, die nach der Asylantragstellung der Eltern in Deutschland geborenen werden. Die Eltern informieren die Ausländerbehörde oder das BAMF direkt nach der Geburt.
Sie können eigene Gründe darlegen, weshalb dem Kind Schutz gewährt werden soll. Alternativ gelten die gleichen Angaben wie bei den Eltern. Minderjährige Kinder dürfen bei einem ablehnenden Bescheid nicht getrennt von ihren Eltern rückgeführt werden.
Familienabschiebungsschutz
Wenn für Sie ein unanfechtbarer Abschiebungsschutz festgestellt wurde, erhalten Ihr Ehepartner und Ihre minderjährigen, ledigen Kinder ebenfalls den Abschiebungsschutz. Alle anderen Voraussetzungen für die Gewährung von Familienasyl müssen erfüllt sein.
Landesaufnahmeprogramme
In einigen Bundesländern gibt es Aufnahmeanordnungen zur Erteilung von aufenthaltserlaubnissen nach § 23 Abs. 1 Aufenthaltsgesetz.
Bedingung für die Aufnahme über das Landesprogramm ist, dass die begünstigten Angehörigen enge Verwandte in Deutschland haben. Eine aufenthaltserlaubnis kann dann erteilt werden, wenn die in Deutschland lebenden Verwandten eine Einladungs- und Verpflichtungserklärung gemäß § 68 Aufenthaltsgesetz abgeben.
Die Erklärung ist auf 5 Jahre begrenzt. Unter Umständen kann sie auch von Dritten abgegeben werden.
Landesaufnahmeprogramme sind für gewöhnlich auf bestimmte Zeiträume und bestimmte Herkunftsländer begrenzt. Informationen zu den aktuellen Bestimmungen erhalten Sie von der örtlichen Ausländerbehörde, Beratungsstellen und unterstützenden Vereinen.